Also, Champions-League ist ja eigentlich so ein bisschen wie Weihnachten: kommt jedes Jahr wieder, ist immer aufregend, manchmal kalt – und am Ende hängt viel davon ab, was man sich erwartet hat. Und wenn man ehrlich ist, war das 2:2 unserer Werkself beim FC Kopenhagen irgendwie wie ein Geschenk, das auf dem Transportweg ordentlich durchgeschüttelt wurde. Verpackung leicht ramponiert, aber Inhalt heil geblieben. Kann man sich drüber freuen – oder auch erstmal 'nen Schnaps brauchen.
Denn mal ganz ehrlich: Zwei Rückstände in einem Spiel gegen eine dänische Mannschaft, die mit einem Ex-Dortmunder und einem Schweden vorne wirbelt wie ein Thermomix auf Stufe 10? Das war nicht unbedingt der europäische Sahneauftakt, den wir uns nach dem Frankfurt-Sieg erträumt hatten. Aber wir sind ja nicht zum Träumen in der Königsklasse – sondern zum Kämpfen. Und genau das hat die Truppe von Kasper Hjulmand dann in dieser komplett wahnsinnigen Schlussphase auch geliefert.
Wobei…Anfang war ja erstmal eher so meh. Neun Minuten gespielt, Larsson frei vorm Tor, zack – 0:1. Das Stadion Parken hat gebebt, unsere Defensive nicht ganz so. Danach viel Ballbesitz, wenig Durchschlagskraft, also ein bisschen wie ein IKEA-Regal ohne Schrauben: sieht stabil aus, aber am Ende kippt’s beim ersten Windstoß. Zum Glück hat Mark Flekken bei seinem Champions-League-Debüt die Nerven behalten und vor der Pause einen Einschlag von Moukoko verhindert. Gut für ihn – und gut für unseren Puls.
In Hälfte zwei wurde’s dann deutlich munterer. Hjulmand würfelte ein bisschen, brachte unter anderem Ibrahim Maza und Aleix Garcia – und plötzlich roch es ein bisschen nach „Wir wollen hier wirklich was holen“. Ben Seghir streichelt den Ball an den Pfosten, Schick hat eine Halbchance, Echeverri bringt Schwung. Und dann – natürlich – kam wieder dieser Alejandro Grimaldo. Freistoß, rechter Winkel, keine Gnade. Der Mann trifft inzwischen aus 25 Metern so sicher wie andere Leute ihren Netflix-Login. Sechs (!) direkte Freistoßtore seit 2023 – das ist kein Zufall mehr, das ist Waffe.
Aber wer dachte, das war’s mit dem Drama, kennt unsere Werkself nicht. Statt Ruhe nach dem Ausgleich, sticht Kopenhagen wieder zu – 2:1 in der 86. Minute, erneuter Nackenschlag. Man hörte förmlich, wie bei uns Fans kollektiv das Bier aus der Hand fiel. Doch diese Mannschaft, und das muss man ihr lassen, hat ein Herz wie ein Dieselmotor: kommt spät auf Touren, läuft dann aber einfach weiter. 90.+1, Echeverri zieht ab, Hatzidiakos fälscht ab, drin. Eigentor. Ausgleich. Wahnsinn.
Und so nehmen wir aus Kopenhagen nicht nur einen Punkt mit, sondern vor allem eine Erkenntnis: Diese Werkself hat nicht nur neue Namen, neue Systeme und neue Frisuren – sie hat auch Eier. Mentalität, wie man im Fußballerdeutsch so gerne sagt. Da wächst etwas zusammen, was noch nicht perfekt ist, aber Bock macht. Das ist keine glattgebügelte Ballbesitz-Maschine, sondern ein Team, das auch mal Dellen hat – aber sich jedes Mal wieder aufrichtet.
Sechs Champions-League-Debüts, ein Trainer zurück in der Heimat, ein Torwart mit starker Premiere, ein argentinisches Toptalent, das schon aussieht, als hätte er heimlich bei River Plate und auf dem Bolzplatz von Rheindorf gleichzeitig trainiert – dieses Spiel hatte von allem etwas. Nur eben kein Happy End. Oder vielleicht doch: Denn am Ende zählt in dieser Mammut-Gruppenphase der neue Champions-League ja vor allem eins – nicht verlieren. Mission erfüllt.
Jetzt heißt es: Kopf frei kriegen, Schienbeinschoner trocknen lassen, Grimaldo in Watte packen – und Sonntag gegen Gladbach die Borussia mal zeigen, wie man mit Herz, Chaos und Freistoßmagie spielt. Denn eins ist klar: Wenn diese Werkself noch ein bisschen Eingespieltheit sammelt, dann kann Europa sich warm anziehen. Und zwar nicht nur wegen der skandinavischen Temperaturen.
Freitag, 19. September 2025
Grimaldo zirkelt, die Werkself wackelt – und bleibt doch stehen
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