Manchmal fühlt es sich an, als wäre Bayer 04 gerade in einem ganz eigenen Fußball-Zeitschleifenfilm gefangen. Titel: „Und täglich grüßt das Unentschieden.“ Wieder kein Sieg, wieder nur ein Punkt, wieder ein Spiel, das man „eigentlich“ hätte gewinnen können. Dieses Mal also St. Pauli – ein sympathischer Gegner mit Herz, Hafenblick und Heimvorteil. Aber seien wir ehrlich: Wenn wir ernsthaft oben mitmischen wollen, sollten solche Spiele nicht mit einem Schulterzucken enden. Sondern mit einem Jubelknäuel in der 92. Minute und der vagen Angst, das Stadionsprecher-Mikro mitzujubeln.
Dabei begann der Abend an der Elbe noch ganz manierlich. St. Pauli, hoch motiviert wie ein Azubi am ersten Arbeitstag, störte früh, lief viel, machte Lärm. Unsere Werkself? Erst mal mit dem sanften Modus „Ankommen, Abtasten, vielleicht 'nen Latte Macchiato“. Doch dann kam der Moment, in dem Patrik Schick einmal mehr bewies, dass er nicht nur einen feinen Fuß, sondern auch einen mehr als brauchbaren Schädel hat. 18. Saisontor, fünftes per Kopf, und wenn der Typ demnächst noch rückwärts trifft, wundert uns das auch nicht mehr. 1:0 also – und wir dachten alle schon: Na endlich, der Pflichtsieg nimmt Formen an.
Aber wie es halt so ist mit Pflichtsiegen – sie sind so zuverlässig wie ein Hamburger Sommer. Mal kurz da, dann wieder weg. Denn spätestens nach dem Ausgleich von Boukhalfa (dessen Name klingt wie ein neues Start-up für veganes Baklava) war klar: Heute gibt’s wieder kein Happy End. Oder wie Lukas Hradecky sinngemäß sagte: Das war’s noch nicht, aber so richtig war’s das halt auch nicht. Und genau das ist das Problem.
Natürlich kann man argumentieren: 32 Auswärtsspiele ungeschlagen – das ist eine Marke, die sich gewaschen hat. Aber ein bisschen fühlt sich diese Serie auch so an, als hätte man in 32 Lottospielen immer drei Richtige. Nett, aber der große Gewinn bleibt aus. Acht Punkte Rückstand auf die Bayern, vier Spiele noch – da müsste jetzt bald mal ein kleines Fußballwunder mit Anlauf passieren. Und zwar nicht in der Kabine mit Flipchart, sondern auf dem Platz. Mit Toren, Pressing, Konsequenz – und vielleicht mal einem Standard, der nicht nur den Gegner jubeln lässt.
Xabi Alonso wirkte nach dem Spiel fast ein bisschen resigniert. Dabei ist es ja nicht so, dass die Jungs nichts können. Schick trifft wie am Fließband, Wirtz wirbelt wieder, Frimpong rennt wie ein Duracell-Hase auf Speed. Aber es fehlt gerade das gewisse Etwas – der Punch, der Killerinstinkt, das Quäntchen Gier. Es ist, als würde jemand das Spieltempo auf „Moderato“ stellen, während wir „Presto“ bräuchten. Und man merkt, dass Xabi das ganz genau weiß. Wahrscheinlich kann er’s selbst kaum glauben, wie oft er aktuell das Wort „Unentschieden“ sagen muss, ohne dass ihm die Stimme dabei bricht.
Was bleibt also hängen aus diesem norddeutschen Abend zwischen Currywurst, Choreo und chronischer Chancenverwertung? Dass St. Pauli ein starker Aufsteiger ist – geschenkt. Dass man im Millerntor auch als Tabellenzweiter nicht einfach durchmarschiert – bekannt. Aber eben auch: Dass es langsam Zeit wird, den Schalter wieder auf „Siegen“ zu legen. Mit oder ohne Flow, mit oder ohne Glanz. Hauptsache: drei Punkte.
Am Samstag kommt Augsburg – ein Spiel, bei dem man früher gesagt hätte: Pflichtsieg. In der aktuellen Gemengelage würde man sich auch einfach nur über ein schmutziges 2:1 freuen. Oder ein Tor in der Nachspielzeit. Oder ein Eigentor. Irgendwas. Hauptsache: kein weiteres Déjà-vu.
Denn ganz ehrlich: Dieser Murmeltiertag in schwarz-rot macht langsam mürbe.
Montag, 21. April 2025
Millerntor-Murmeltiertag: Ein Punkt, viele Fragen und ein bisschen Frust
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