Ach Bayer 04, wie schaffen wir es eigentlich immer wieder, aus einem Traumabend einen Albtraum zu machen? Da spielst du eine erste Halbzeit, die so dominant ist, dass sich sogar Diego Simeone kurzzeitig hinsetzt – ein seltenes Naturphänomen, das eigentlich ein eigenes Kapitel in den Geschichtsbüchern der Champions League verdient hätte. Aber nein, wir müssen uns natürlich wieder selbst im Weg stehen. Es wäre ja auch zu einfach, mal 90 Minuten lang die Kontrolle zu behalten. Stattdessen verlieren wir irgendwann den Kopf, die Führung und am Ende auch das Spiel. Willkommen im Leben eines Bayer-Fans.
Dabei hat alles so vielversprechend angefangen. In den ersten 45 Minuten haben wir Atletico Madrid wie eine Schachfigur von Xabi Alonso höchstpersönlich über den Rasen geschoben. Ballsicher, mit Spielwitz und vor allem mit der Ruhe, die man eigentlich in einem Stadion wie dem Metropolitano nicht erwarten würde. Und dann kommt da dieser Moment: Flanke Mukiele, Kopfball Hincapie – 1:0 für die Werkself in der Nachspielzeit der ersten Hälfte. Ein Tor, das so verdient war wie ein Feierabendbier nach einer langen Arbeitswoche. Piero Hincapie – unser Mann für die großen Momente. Das war übrigens sein erstes Champions-League-Tor. Natürlich musste es in so einem Spiel fallen.
Aber dann, wie so oft, schlich sich dieses berühmte Bayer-Ding ein. Nennt es Naivität, nennt es jugendlichen Leichtsinn, oder – wie Jonathan Tah es ausdrückte – mangelnde Abgezocktheit. Statt Atletico mit der Überzahl in die Knie zu zwingen, haben wir sie zurück ins Spiel eingeladen. „Kommt rein, nehmt euch einen Kaffee, und macht euch ruhig bequem“, haben wir quasi gesagt. Und Atletico hat nicht lange gezögert. Julian Alvarez hat sich bedankt und uns mit seinem Doppelpack auf die harte Tour gezeigt, wie man einen Vorsprung in der Champions League verdaddelt.
Natürlich könnte man sagen: „Das war ein Lehrstück in Sachen Emotionalität.“ Ja, danke. Aber wie viele Lehrstücke brauchen wir denn noch, bevor wir mal unser Abitur in Abgeklärtheit machen? Da kannst du 70 Prozent Ballbesitz haben, eine bessere Passquote und einen Gegner, der fast eine Stunde lang in Unterzahl spielt – wenn du dir dann in der 90. Minute noch das Siegtor fängst, fühlt sich das alles ziemlich egal an.
Man könnte ja fast schon lachen, wenn es nicht so wehtun würde. Das Metropolitano ist eben nicht einfach nur ein Stadion, es ist eine Festung. Eine mit 70.460 frenetischen Fans, die jeden Pfiff des Schiedsrichters mit der Energie einer südamerikanischen Protestbewegung begleiten. Da brauchst du nicht nur spielerische Klasse, sondern auch Nerven aus Stahl. Und genau da sind wir – mal wieder – gescheitert.
Was bleibt, sind die guten Ansätze. Piero Hincapie hat nicht nur sein erstes Champions-League-Tor erzielt, sondern auch bewiesen, dass er ein echter Unterschiedsspieler sein kann – wenn er nicht gerade vom Platz fliegt. Nordi Mukiele, der die Vorlage gab, war bis zu seiner Auswechslung ein Aktivposten. Und auch Granit Xhaka hat gezeigt, warum er eine tragende Säule im Mittelfeld ist.
Jetzt heißt es also Mund abputzen und weitermachen. Leipzig wartet am Wochenende, und ehrlich gesagt: Ich weiß nicht, ob ich mich darauf freuen oder Angst davor haben soll. Aber genau das macht doch den Fußball aus, oder? Diese permanente Achterbahnfahrt zwischen Euphorie und Enttäuschung. Es wäre ja auch langweilig, wenn Bayer 04 plötzlich das Gewinnen in Perfektion für sich entdeckt.
Mittwoch, 22. Januar 2025
Wie man sich selbst ein Bein stellt – und dabei noch gut aussieht
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