Es war ein Champions-League-Abend, der aus Leverkusener Sicht kaum perfekter hätte laufen können. Schon im Vorfeld hatte das Spiel bei Feyenoord Rotterdam einiges versprochen: Ein berüchtigtes Stadion, in dem die Fans lautstark feiern und eine Mannschaft, die in der Eredivisie Jahr für Jahr zu den Topteams gehört. Doch was die Leverkusener Werkself an diesem Abend auf den Platz zauberte, ließ selbst die enthusiastischsten Feyenoord-Fans verstummen – und das schon nach fünf Minuten.
Das Aufeinandertreffen im De Kuip, jenem Kessel aus Beton und Bass, begann genau so wie erwartet: Lautstark, intensiv und mit dem Gefühl, dass Feyenoord hier den Ton angeben würde. Doch da hatten die Niederländer die Rechnung ohne Bayer 04 gemacht. Statt unter dem Druck des Hexenkessels einzubrechen, spielte die Mannschaft von Xabi Alonso so, als wäre sie völlig immun gegen den Lärm. Gleich zu Beginn übernahm ein Mann das Zepter, auf den man bei Leverkusen ohnehin stets seine Hoffnungen setzt: Florian Wirtz.
Mit seiner Spielfreude und Coolness war er es, der den niederländischen Pokalsieger frühzeitig schockte. Schon nach fünf Minuten ließ Wirtz den Ball ins Netz zappeln und dämpfte die rot-weiße Euphorie erheblich. Es sollte nicht sein einziger Auftritt bleiben – denn während Feyenoord sich noch von diesem Schock zu erholen versuchte, drehte Leverkusen erst richtig auf.
Wirtz' Geschichte an diesem Abend war eine, wie sie sich kaum besser hätte schreiben lassen. Für ihn war es das erste Spiel in der Champions League – eine Bühne, auf der er lange hatte mitmischen wollen, aber durch Verletzungen ausgebremst wurde. Umso mehr brannte er darauf, zu zeigen, dass er nicht nur ein Versprechen für die Zukunft ist, sondern bereits im Hier und Jetzt auf Top-Niveau glänzen kann. Mit seinem zweiten Treffer in der 36. Minute schrieb er sogar deutsche Fußballgeschichte. Noch nie zuvor hatte ein deutscher Spieler bei seinem Champions-League-Debüt doppelt getroffen. Es war ein Abend, an dem Wirtz nicht nur Rotterdam, sondern auch das Geschichtsbuch eroberte.
Doch es wäre zu einfach, den Erfolg allein auf Wirtz zu reduzieren. Die gesamte Mannschaft zeigte eine Effizienz, die man in der Champions League braucht, um weit zu kommen. Leverkusen nutzte nahezu jede sich bietende Chance – und das mit einer Kaltblütigkeit, die Feyenoord den Glauben an ein Comeback nahm. Alejandro Grimaldo und ein Eigentor des bedauernswerten Timon Wellenreuther sorgten dafür, dass es zur Halbzeit bereits 4:0 stand.
Interessant ist, wie diese Partie den aktuellen Kurs von Bayer Leverkusen widerspiegelt. Unter Xabi Alonso hat sich die Werkself zu einem Team entwickelt, das nicht nur attraktiv und offensiv spielt, sondern gleichzeitig enorm effizient ist. In der Bundesliga mischt man schon seit Saisonbeginn ganz vorne mit, und in der Champions League scheint man ebenfalls bereit zu sein, die großen Gegner herauszufordern. Es war nicht nur ein Sieg, sondern ein Statement.
Auch wenn die zweite Hälfte deutlich ruhiger verlief und die Leverkusener das Spiel nur noch verwalteten, hatte Feyenoord in keiner Phase die Chance, das Ruder herumzureißen. Selbst kleinere Offensivbemühungen wurden von der Leverkusener Abwehr und Keeper Lukas Hradecky souverän entschärft.
Was dieser Sieg aber auch zeigt, ist die Tiefe des Kaders. Spieler wie Aleix Garcia und Jeanuel Belocian bekamen ihre ersten Minuten auf der großen europäischen Bühne und fügten sich nahtlos ins Spiel ein. Es scheint, als hätte Bayer 04 in dieser Saison nicht nur elf starke Spieler, sondern einen Kader, der auf jeder Position doppelt besetzt ist und selbst in intensiven Phasen wie der Champions League und Bundesliga voll konkurrenzfähig bleibt.
Jetzt, nach diesem perfekten Start, richtet sich der Blick bereits auf den nächsten Gegner: AC Mailand. Ein Klassiker im europäischen Fußball. Und während die Werkself sich auf die Italiener vorbereitet, wartet in der Bundesliga noch der VfL Wolfsburg und ein brisantes Spitzenspiel gegen den FC Bayern München. Doch nach diesem Auftritt in Rotterdam dürfte klar sein: Bayer 04 Leverkusen ist in dieser Saison eine Mannschaft, die Großes erreichen kann – egal, wie heiß der Hexenkessel auch sein mag.
Freitag, 20. September 2024
Hexenkessel abgebrannt: Wie Bayer 04 in Rotterdam nicht nur die Stimmung, sondern auch Feyenoord zerstörte
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen