Samstag, 5. April 2025

Wie ein Buendía-Schlenzer uns alle rettete

Also mal ehrlich – wer am Samstagnachmittag beim Spiel in Heidenheim voller Vorfreude das Pils aufgemacht hat, um die große Reaktion der Werkself nach dem Pokal-Desaster in Bielefeld zu sehen, der hat vermutlich spätestens zur Halbzeit aus Frust den Rasen gemäht oder die Steuererklärung angefangen. Denn was Bayer 04 da über weite Strecken auf den Platz brachte, erinnerte eher an ein laues Freundschaftsspiel im Trainingslager als an ein Bundesliga-Duell gegen einen Abstiegskandidaten. Und trotzdem – ja, trotzdem – stehen da am Ende drei Punkte auf der Habenseite. Warum? Weil Fußball manchmal einfach nicht logisch ist. Und weil Emiliano Buendía anscheinend keine Lust auf ein zweites 0:0-Geschiebe hatte.

Dabei fing alles wie so oft in dieser Rückrunde an: mit großen Erwartungen und kleinen Schritten. Xabi Alonso mischte die Startelf durch – Boniface durfte wieder von Beginn an ran, Aleix Garcia übernahm die Palacios-Position (nennen wir’s mal so) und Robert Andrich wurde in die Abwehr beordert. Dass der Gegner nicht Bayern München heißt, sondern Heidenheim, war aber offenbar nur auf dem Papier ein Vorteil. Denn der FCH zeigte von Anfang an, wie man als Kellerkind eben auftreten muss: bissig, gallig und mit dem Willen, jedem Ball hinterherzurennen, als gäbe es dafür Punkte beim Payback.

Bayer? Nun ja. Wenn man das Spiel in der ersten Halbzeit mit einem Gericht vergleichen müsste, dann wäre es ein lauwarmer Kartoffelsalat ohne Mayo. Es fehlte an Würze, an Tempo und – man muss es leider sagen – an Ideen. Die erste Torchance ließ über eine halbe Stunde auf sich warten, davor waren es die Gastgeber, die Latte, Pfosten und unsere Nerven malträtierten. Wir hatten Glück. Viel Glück. Hradecky stand da wie ein Fels in der Brandung – oder zumindest wie ein Fels, der das Glück auf seiner Seite hatte.

Die zweite Hälfte? Weniger schlecht, aber auch nicht wirklich besser. Bayer übernahm mehr Ballbesitz, aber mehr Ballbesitz ist halt auch kein Grund zum Feiern, wenn du damit nichts anfangen kannst. Chancen? Fehlanzeige. Spannung? Wenn überhaupt wegen der Angst vor einem Heidenheimer Lucky Punch. Alonso wechselte durch, Buendía kam – und noch dachte niemand, dass dieser kleine Argentinier gleich zum Held des Tages avancieren würde.

Dann: die 91. Minute. Hofmann, gerade erst eingewechselt und offenbar mit dem festen Willen, dem Spiel doch noch so etwas wie Dramaturgie zu geben, steckt den Ball durch, Buendía dreht sich einmal um sich selbst, zieht ab – und plötzlich zappelt der Ball im Netz. Schlenzer deluxe, ganz feine Klinge, kein Mensch in Heidenheim hat das kommen sehen. Wahrscheinlich nicht mal Buendía selbst. Was danach kam, war pure Ekstase. Auf dem Platz, auf der Bank, in den Wohnzimmern zwischen Leverkusen, Wiesdorf und Burscheid. Drei Punkte. Drei ganz, ganz wichtige Punkte. Und wahrscheinlich genau das Spiel, das wir gebraucht haben, um zu merken: Titelträume sind kein Selbstläufer, sondern manchmal eben auch das Ergebnis eines genialen Moments in einem grottigen Spiel.

Unterm Strich bleibt ein Sieg, bei dem man sich am liebsten bei Heidenheim für die vergebene Chancenflut bedankt und bei Buendía ein Bier ausgibt – oder besser gleich einen Kasten. Dass die Werkself in dieser Form noch viel Luft nach oben hat, ist klar. Aber wer Meister werden will, muss halt auch die hässlichen Spiele gewinnen. Und das hier – das war definitiv kein Schönheitswettbewerb. Aber immerhin: die Nummer auf dem Spielberichtsbogen fängt mit einer Eins an. Und das ist alles, was zählt.

Nächsten Samstag kommt Union Berlin. Und wer weiß – vielleicht lassen wir da ja mal wieder den Champagner-Fußball aus der Hinrunde aufblitzen. Bis dahin lehnen wir uns zurück, atmen tief durch und flüstern leise: Danke, Emiliano.

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