Sonntag, 19. Oktober 2025

Terrier, Tore, Trubel: Warum Mainz uns nicht stoppen konnte – auch nicht mit drei Buden

Na bitte, geht doch! Wer gedacht hat, dass Bayer 04 nach dem Pflichtsieg gegen Union langsam wieder in den gemütlichen Verwaltungsmodus schaltet, der wurde in Mainz ziemlich schnell eines Besseren belehrt. Oder besser gesagt: überrollt. Nicht nur vom eigenen Puls nach 90 wilden Minuten, sondern auch von einer Werkself, die aktuell Fußball spielt wie früher nur auf der PlayStation – mit Cheatcodes. Ein 4:3, das auf dem Papier vielleicht nach Wackelsieg klingt, war in Wirklichkeit das neueste Kapitel im schwarz-roten Buch der „kontrollierten Offensive mit gelegentlichem Wahnsinn“.

Aber fangen wir von vorn an. Denn dieses Spiel hatte alles, was ein Bayer-Fanherz höher schlagen lässt: frühe Führung, Zauber-Kombinationen, einen Franzosen mit Comeback-Gen, einen Grimaldo im Duracell-Modus – und am Ende das, was zählt: drei Punkte im Rucksack und Mainz um eine Heimparty gebracht.

Natürlich war es nicht einfach. Mainz hatte Lust, Bälle, Beine – und leider auch ein paar Tore. Aber in Wahrheit war das ein Spiel, das Bayer in seiner aktuellen Verfassung gar nicht mehr verlieren kann. Klar, in der Schlussphase war’s etwas wild, als die 05er nochmal mit dem Mut der Verzweiflung anrannten, aber spätestens als Martin Terrier nach neun Monaten Verletzungspause (!) bei seinem ersten Ballkontakt fast aus Prinzip das Netz zappeln ließ, war klar: Diese Mannschaft hat gerade einfach zu viel Qualität, zu viel Selbstvertrauen – und, man muss es sagen, auch ein bisschen zu viel Spaß am Toreschießen.

Terriers Comeback war natürlich das emotionale Sahnehäubchen – und wie er da nach seinem Tor zur Bank stürmt, das ganze Team umarmt, wahrscheinlich noch kurz mit dem Physio „Merci“ flüstert… da wurde’s sogar dem kritischsten Leverkusener warm ums Herz. Man muss kein Hobby-Psychologe sein, um zu sehen, was da gerade im Team wächst. Das wirkt alles wie ein einziger Mannschaftskuschelkurs mit Champions-League-Ambitionen.

Ach, und apropos Champions League: Bevor wir uns jetzt zu sehr auf den Sofa-Sieg gegen Freiburg freuen, kommt am Dienstag mal eben Paris Saint-Germain vorbei. Die sollen ja auch ganz passabel kicken können. Aber ehrlich gesagt – mit dieser Werkself? Warum nicht auch da was holen? Solange Grimaldo weiterhin mehr Kilometer läuft als der Bus der Auswärtsfahrer und Kofane Tore sammelt wie Panini-Sticker, ist doch alles möglich. Und hey: wenn Hofmann jetzt auch wieder richtig dabei ist und Andrich still und heimlich Bundesliga-Auswärtsrekorde knackt wie andere Leute Kronkorken, dann wächst da gerade etwas zusammen, das man schon fast ungern ausspricht: ein richtig reifes Team.

Das Wort „Meisterschaft“ geht uns natürlich nach wie vor schwer über die Lippen. Nicht wegen fehlender Qualität – sondern weil wir auf niemalsmeister.de nun mal wissen, dass Demut zum Fan-Dasein gehört wie die Stadionwurst zur Halbzeit. Aber: Wenn man ehrlich ist, dann fühlt sich das gerade so an, als würde die Werkself Woche für Woche ein bisschen mehr beweisen, dass sie das mit der Tabellenoberkante doch ziemlich ernst meint.

Also ja, Mainz war nervenaufreibend, turbulent, stellenweise etwas vogelwild. Aber unterm Strich bleibt: Wir haben wieder gewonnen. Auswärts. Mit einem zurückgekehrten Terrier, einem Grimaldo im Dauerflug und einem Kofane, der scheinbar vergessen hat, dass er eigentlich noch zur Schule gehen müsste.

Und ganz nebenbei schreiben wir weiter an dieser Rekordserie ohne Auswärtsniederlage – 37 Spiele jetzt. Vielleicht wird’s Zeit, dass wir anfangen, auswärts einfach mal ein Banner aufzuhängen: „Willkommen bei Bayer 04 – Bitte keine Hoffnungen machen.“

In diesem Sinne: PSG, wir sind bereit. Nur vielleicht diesmal bitte ohne Herzinfarkt in der 90. Minute, okay?

Sonntag, 5. Oktober 2025

Berliner Mauer? Heute nicht

Manchmal wünscht man sich ja, man könnte den Fernseher anmachen und sich sagen: *So, jetzt schau ich mir ein bisschen gepflegtes Bayer-Fußball-Ballett an, entspanne mit 74 Prozent Ballbesitz und gönne mir zwei schöne Tore, während die Berliner auf dem Platz ein bisschen „Stadtführung durch den eigenen Strafraum“ bekommen.* Und genau so ein Abend war das beim 2:0 gegen Union Berlin. Schön für uns. Nicht so schön für die Gäste aus Köpenick, die sich vermutlich irgendwo zwischen Aleix Garcias Passmaschine und Poku-Kofane-Kombinationsfreude den Weg aus der BayArena heraus erst mal auf Google Maps suchen mussten.

Als Fan ist man ja vorsichtig. Besonders in Leverkusen. Man hat schon zu viel gesehen. Aber: Was diese Mannschaft unter Kasper Hjulmand da Woche für Woche auf den Rasen bringt, ist nicht nur strukturiert und stabil – das hat langsam auch was von einer gut geölten Fußball-Oper mit Bass-Bariton-Tillman, Dirigent Garcia und einem Sturmduett aus Poku und Kofane. Das Selbstvertrauen wächst, die Automatismen greifen, und langsam hat man das Gefühl, dass hier etwas ziemlich Großes entsteht. Und das ohne große Theatralik oder Show – einfach solide Arbeit mit einem Hauch Magie.

Ernest Poku scheint ohnehin nicht zu wissen, dass man als junger Spieler in der Bundesliga erstmal nervös sein müsste. Der Junge trifft einfach. Zweites Tor im zweiten Spiel? Kein Problem. Und Christian Kofane, der in der ersten Halbzeit noch Bälle festmacht wie ein Schrank in der IKEA-Ausstellung, nutzt nach der Pause mal eben einen Rönnow-Fehlpass zum 2:0. Clever? Und wie. Ein bisschen Straßenfußball-Instinkt, ein bisschen Pressing-Schule Hjulmand, und fertig ist das Bundesliga-Debüttor.

Was wirklich auffällt: Diese Mannschaft ist nicht mehr dieselbe, die wir in den letzten Jahren öfter mal mit versteinertem Blick haben Ein-Tor-Führungen verteidigen sehen – oder eben nicht verteidigen. Dieses Team spielt weiter, denkt nicht ans Absichern, sondern ans Aufdrehen. Da wird gepresst, kombiniert, gelaufen. Und ja: Da wird gelächelt. Die Spieler, die eingewechselt werden, bringen Schwung statt Sorgen. Maza mit Power, Arthur mit Übersicht, Hofmann mit dem Willen. Selbst Belocian durfte nach fast 300 Tagen Pause noch ein paar Minuten Frischluft schnuppern und helfen, den Deckel draufzusetzen. Das ist nicht nur Teamgeist, das ist Luxus – und zwar der gute, mit Schmiedekunst und Werkbank statt Rolex und Golfplatz.

Und dann war da natürlich noch die Statistik-Keule: 74 Prozent Ballbesitz, 92 Prozent Passquote, Aleix Garcia mit *153 erfolgreichen Pässen* – also mehr, als Union teilweise Ballkontakte hatte. Ich meine, man kann so ein Spiel dominieren, klar. Oder man macht’s halt wie Bayer 04 und spielt einfach eine Stunde lang „Ballbesitz-Monopoly“ mit dem Gegner, bei dem der andere nie über Los kommt.

Ach ja, und an der Zweikampf-Front ist man auch weiter Liga-Primus. Danke, Jarell Quansah – 71 gewonnene Duelle sind eine Ansage. Wer an dem vorbei will, braucht entweder eine Drehleiter oder sehr viel Glück. Oder beides.

Dass Grimaldo und Vázquez zur Pause raus mussten, war schade, aber wie beruhigend ist es bitte, wenn man bei einem Ausfall denkt: *Na gut, dann kommt halt Arthur oder Maza rein.* Früher hätte man bei solchen Auswechslungen in der Halbzeit noch prophylaktisch den Puls gemessen. Heute klopft man sich als Fan seelenruhig das Kissen zurecht und denkt: *Wird schon.*

Also ja – gegen Union Berlin war das bisher der souveränste Auftritt der Saison. Nicht weil es ein Feuerwerk war, sondern weil man den Gegner einfach kontrolliert, zermürbt und zum Schluss noch freundlich zur Ausfahrt begleitet hat. Ohne Drama, ohne Zittern, aber mit viel Klasse. Und das vor ausverkauftem Haus, mit 30.210 Menschen, die lauter waren als jede Trompete in der Fankurve von Union.

Die nächsten Gegner dürfen sich warm anziehen. Und wir? Wir gönnen uns eine Länderspielpause mit einem breiten Grinsen im Gesicht und einem klaren Gedanken im Kopf: Diese Mannschaft will nicht nur mitspielen – die will was reißen.

Und wer weiß? Vielleicht wird die Saison 2025/26 ja die, in der wir das Wort „Niemalsmeister“ irgendwann mit einem Augenzwinkern schreiben. Noch ist es zu früh, klar. Aber: Vertrauen wächst. Und wie.

Donnerstag, 2. Oktober 2025

Unentschieden deluxe – Wenn die Werkself auf holländische Gemütlichkeit trifft

Na bravo. Zweites Champions-League-Spiel, zweites Remis – Leverkusen bleibt also auch 2025/26 in der Königsklasse seiner Spezialdisziplin treu: Gut spielen, schön kombinieren, alles im Griff haben – und am Ende trotzdem nur einen Punkt mitnehmen. Man möchte fast glauben, es stecke System dahinter. Gegen PSV Eindhoven war es wieder ein Spiel, das alle Zutaten eines großen europäischen Abends hatte: Flutlicht, Spannung, Latte, Lamentieren. Nur das Sahnehäubchen, der verdiente Sieg, der blieb irgendwo zwischen Kofanes Jubel und Saibaris Ausgleich stecken.

Dabei begann alles mit einem kurzen Schrecken: Ivan Perisic, der Fußball-Dauerbrenner mit der ewigen Bundesliga-Vergangenheit, köpfte den Ball nach fünf Minuten ins Netz – und zum Glück ins Abseits. Danach war eigentlich alles angerichtet für eine souveräne Leverkusener Vorstellung. Die Jungs spielten, als hätte Hjulmand ihnen die Spielfreude intravenös verabreicht. Grimaldo drosch einen Ball an die Latte, Poku tanzte die PSV-Abwehr wie auf einem Rave in Eindhoven aus, und Garcia schoss aus der Distanz, als hätte er den Ball persönlich beleidigt. Nur eben: kein Tor.

Das änderte sich in der 65. Minute, als Christian Kofane – jung, schnell, unverschämt cool – einfach mal PSV-Verteidiger Obispo auf den falschen Fuß erwischte und zur Führung einschob. Mit 19 Jahren und 67 Tagen der jüngste Leverkusener Torschütze in der Champions-League-Geschichte. Man hätte ihm am liebsten sofort einen eigenen Wikipedia-Artikel geschrieben. Leider hielt der historische Moment nur bis Minute 72, als Saibari den Spielstand wieder egalisierte. Und da war’s wieder, dieses typische Leverkusener Gefühl: Man weiß genau, dass das Team alles richtig macht, aber das Fußballuniversum trotzdem schulterzuckend ein „Nö“ zurückgibt.

Natürlich war es kein schlechtes Spiel – im Gegenteil. Diese Mannschaft spielt unter Hjulmand weiterhin Fußball, den man sich gern anschaut, und zwar selbst dann, wenn die Nachbarn schon im Bett sind. Tempo, Technik, Teamgeist – das alles stimmt. Nur die berühmte „letzte Konsequenz“, von der der Coach nach Abpfiff sprach, blieb eben wieder irgendwo im Sechzehner liegen, wahrscheinlich direkt neben dem Schienbeinschoner von Tillman.

Was man aber wirklich hervorheben muss: Diese jungen Wilden! Poku, Kofane, Tape – das klingt fast wie eine neue Boyband aus dem Rheinland, und sie spielen mit einer Begeisterung, die ansteckend ist. Wenn die weiter so auftreten, muss man sich um die Zukunft keine Sorgen machen. Tape musste zwar verletzt runter, aber bis dahin zeigte er, warum man ihm zutraut, langfristig eine Säule in der Dreierkette zu werden. Und Kofane? Der Junge hat so abgeklärt getroffen, als wäre er schon seit Jahren Stammkraft – und nicht gerade erst in die Königsklasse hineingeschlüpft.

Am Ende bleibt also ein 1:1, das sich irgendwie nach Sieg anfühlt – zumindest bis man auf die Tabelle schaut. Aber hey, ungeschlagen ist ungeschlagen, und die Werkself bleibt damit auch im achten Duell mit niederländischen Teams ohne Niederlage. Kleine Trostpflaster sind auch Pflaster.

Jetzt also Union Berlin. Klingt nach weniger Glanz, aber nach mehr Grätschen – und vielleicht ja nach dem passenden Ort, um das Torekonto mal ordentlich aufzufüllen. Denn eines ist klar: Diese Mannschaft hat mehr verdient als zwei Unentschieden. Wenn sie bald wieder so spielt wie gegen Eindhoven, nur mit einem Quäntchen mehr Konsequenz, dann braucht man sich in Leverkusen keine Sorgen machen – höchstens um den Herzschlag in der 90. Minute.

Bis dahin gilt: Wir sind nicht Meister, aber immerhin unterhaltsam. Und das ist in Leverkusen ja fast schon Tradition.

Sonntag, 28. September 2025

St. Pauli, Schampus und ein Joker mit Tor-Instinkt – Auswärtssieg mit Hafenblick

Manchmal ist Fußball wie ein Hafenkrimi – und das Spiel am Millerntor war genau so ein Fall: windig, wild, ein bisschen unberechenbar, aber am Ende sind wir als Bayer-Fans mit einem Grinsen und drei Punkten aus dem Schmuddelwetter spaziert. 2:1 gegen den FC St. Pauli – klingt nüchtern, war aber ein fein gewürztes Stück Bundesliga-Haftnotiz: Mit viel Kampf, einem Grimaldo-Zauberfreistoß und einem Joker, der in der gleichen Zeit trifft, wie andere noch ihren Schienbeinschoner richten.

Die Reise nach Hamburg war für Bayer 04 also keine Kaffeefahrt, sondern eher so eine rustikale Butterfahrt mit Schweiß, Blessuren und ein bisschen Chaos im Gepäck – aber das war auch nötig. Denn St. Pauli ist nicht nur Kult, sondern auch unbequem. Die Kiezkicker hatten keinen Bock, uns mit einem netten „Kommt gut wieder heim“ zu verabschieden. Die haben gedrückt, gedrängelt und teilweise auf unsere Defensive eingehämmert wie ein Kapitän auf die Kombüse – Respekt an dieser Stelle.

Aber unsere Werkself? Die hat genau das gemacht, was ein richtig gutes Auswärtsteam tun muss: eiskalt zuschlagen, wenn sich die Gelegenheit bietet – und danach hinten so sicher stehen, als wäre das eigene Tor ein Safe im Tresorraum der Commerzbank. Erst köpft Tapsoba vorne ein und rettet hinten auf der Linie – da kann man als Fan eigentlich nur mit dem Leverkusen-Schal salutieren. Und dann kommt Ernest Poku, kaum auf dem Platz, und versenkt das Ding zum Siegtreffer, als hätte er sein Bundesliga-Debüt vor zehn Jahren gegeben.

Die Presse nennt ihn „Blitz-Joker“. Wir nennen ihn ab sofort: Der mit dem Turbo im Schuh. Was ein Einstand! Und während der eine (Poku) gerade mit seinem ersten Tor auf sich aufmerksam macht, stellt der andere (Andrich) einfach mal einen historischen Rekord ein: 37 Auswärtsspiele in Folge ungeschlagen – das ist nicht nur eine Statistik, das ist eine Lebensleistung. Und das alles mit dieser kompromisslosen Präsenz im Mittelfeld, die ungefähr so subtil ist wie ein Presslufthammer auf einem Fliesenboden.

Was uns als Fans aber mindestens genauso wichtig ist wie Tore und Rekorde: Charakter. Und den hat unsere Truppe in dieser Partie mal wieder klar gezeigt. Das Spiel war nicht immer schön – stellenweise erinnerte das Aufbauspiel eher an einen Ikea-Schrank mit fehlender Anleitung – aber dieser Wille, dieses „Wir lassen uns hier nix nehmen“-Gefühl, das war deutlich spürbar. Hjulmand scheint nicht nur ein Taktikfuchs zu sein, sondern auch jemand, der seine Mannschaft mental auf Linie bringt. Dass wir unter ihm mittlerweile selbst Spiele gewinnen, in denen nicht alles klickt – das ist neu, das ist gut, das ist Bayer 04 anno 2025.

Und ja, Grimaldo hat wieder geliefert. Mit dem linken Fuß so präzise wie ein Schweizer Uhrmacher, spielt er den Ball zu Poku durch den Strafraum wie ein Paketbote mit Navigation im Blut. Dazu übernimmt er mal eben noch die Kapitänsbinde und sorgt dafür, dass auch ohne Andrich nicht das Chaos regiert. Der Mann ist einfach eine Wucht – und das sagt man nicht nur, weil er hübsch flanken kann.

Jetzt stehen wir also mit breiter Brust da, Rekord im Gepäck, Tabellenblick optimistisch, und der Terminkalender läuft heiß. PSV Eindhoven klopft in der Champions League an die Tür und dann kommt Union Berlin nach Leverkusen, wo wir hoffentlich wieder zeigen, dass man nicht nur auswärts ungeschlagen bleiben kann. Aber wenn wir weiter so auftreten – mit Kampf, Cleverness und Joker-Magie – dann ist das alles kein Problem.

Und wer weiß: Vielleicht ist das 2:1 auf St. Pauli ja nicht nur ein weiterer Dreier, sondern ein kleines Kapitel in einem ganz großen Buch, das wir diese Saison schreiben könnten. Inklusive Happy End. Ohne Ikea-Schrank. Aber mit Charakter.

Montag, 22. September 2025

Tabakovic, du Spaßbremse! – Ein fast perfekter Fußballabend in der BayArena

Sonntagabend, Flutlicht, ausverkaufte Hütte, Bier in der Hand – Fußballherz, was willst du mehr? Alles war angerichtet für einen dieser perfekten Abende im Wohnzimmer am Rhein – und ja, bis zur 91. Minute sah auch alles nach einem stimmigen Drehbuch aus. Die Werkself war auf dem besten Weg, den zweiten Heimsieg in Folge einzufahren, neue Gesichter spielten sich warm und ein gewisser Ernest Poku machte auf der rechten Seite mehr Alarm als ein Hubschrauber über dem Neulandpark. Doch dann kam Haris Tabakovic. Ein Mann mit Namen wie aus einem Mafiafilm, der leider nichts anderes tat, als die Stimmung in der BayArena komplett zu ruinieren – mit dem Kopf, ausgerechnet.

Aber fangen wir von vorne an – beziehungsweise irgendwo zwischen Euphorie, Experimentierfreude und einer dänischen Portion Pragmatismus. Denn Kasper Hjulmand scheint langsam nicht nur die Kaffeeküche im Ulrich-Haberland-Stadion zu kennen, sondern auch seine Mannschaft. Zwar fehlten mit Robert Andrich und Exequiel Palacios zwei absolute Maschinen im Mittelfeld, aber mit Aleix Garcia und Malik Tillman entstand eine Doppel-Sechs, die nicht nur gut aussah, sondern auch tatsächlich ganz gut funktionierte. Besonders Tillman zeigte, dass er mehr kann als nur Instagram-Filter und Ballannahmen – er traf auch mal. Ein schönes Tor übrigens, nach Vorlage von Poku, der an diesem Abend den Begriff „Einwechslung“ komplett neu definierte. Der Junge hat Dampf – und Bock. Und das sehen wir Fans ja bekanntlich besonders gerne.

Auch vorne ging mit Patrik Schick wieder einer spazieren, der momentan gefühlt jeden zweiten Ball im Netz unterbringt. Wenn er nicht gerade mit dem Kopf knapp scheitert, wie in Minute neun. Trotzdem: Der tschechische Panzer ist wieder vollgetankt, die Spritzigkeit kommt zurück und man merkt einfach, dass er nicht mehr ständig mit dem Rücken zum Tor spielen muss. Das hilft allen – besonders uns auf der Tribüne, die wir bei jeder Schick-Ballberührung mittlerweile die Luft anhalten, als ginge es um unsere Steuererklärung.

Dann kam der Moment: Poku auf rechts wie ein Mofa auf Speed, flankt rein, Schick rutscht vorbei, aber Tillman ist da. 1:0. Jubel, Bierduschen, Umarmungen mit Fremden – endlich wieder einer dieser emotionalen Momente, wegen denen man sich Woche für Woche diesem Wahnsinn aussetzt.

Und dann… ja. Dann passiert das, was halt irgendwie typisch ist für diese Phase der Saison, in der vieles gut läuft, aber halt noch nicht alles: ein Standard gegen uns. Nachspielzeit. Ecke. Kopfball. Tor. 1:1. Tabakovic, der Partycrasher. Und auf einen Schlag kippte die Stimmung von „Champions-League-Aspirant“ zu „typisch Leverkusen“. Wobei – Moment – nein, das war gar nicht so typisch. Denn anders als in der Vergangenheit war da nicht diese komplette Leere nach dem Ausgleich. Kein kollektives Einbrechen, kein Schulterzucken, kein „Is halt so“. Sondern: Ärger. Wut. Und vor allem: Aufbruchsstimmung.

Denn wer ehrlich ist, muss sagen: Das war spielerisch kein Feuerwerk, aber die Richtung stimmt. Man merkt, wie Hjulmand das Team Schritt für Schritt aufeinander einstellt. Die Abläufe wirken noch nicht wie ein Schweizer Uhrwerk, eher wie ein alter Wecker vom Flohmarkt – aber immerhin: Er tickt. Und zwar nach vorne. Besonders Maza gefällt, nicht nur wegen seines unermüdlichen Laufens, sondern auch, weil er mittlerweile den Eindruck macht, als würde er in diesem Trikot tatsächlich aufblühen. Gleiches gilt für Ben Seghir, der zwar noch nicht alles trifft, aber zeigt, dass er das Potenzial hat, ein echtes Puzzlestück im Leverkusener Mittelfeld-Chaos zu werden.

Und dann wäre da noch Jonas Hofmann. Der Rückkehrer, der bei seiner Einwechslung fast schon standing ovations bekam – für drei Ballkontakte und eine Frisur, die immer noch sitzt. Willkommen zurück, Jonas. Schön, dass du wieder da bist.

Natürlich nervt so ein 1:1 gegen Gladbach. Erst recht, wenn es am Ende ein gefühlter Punktverlust ist. Aber: Die Werkself bleibt ungeschlagen, seit 12 Spielen in der Liga gegen die Fohlen sowieso, und irgendwie fühlt sich das alles trotzdem nach etwas an, das wächst. Wenn auch mit ein paar Rückschlägen. Wie beim Ikea-Regal, bei dem eine Schraube fehlt, aber am Ende steht's trotzdem halbwegs stabil.

Jetzt also Millerntor. Kiez, Krawall, kernige Duelle – aber auch die Chance, den Frust über zwei verlorene Punkte in hanseatischem Nieselregen wegzuspielen. Die Richtung stimmt. Die Mentalität passt. Und die Tabakovic-Momente? Die werden seltener. Hoffen wir.

Und falls nicht: Dann trinken wir halt noch ein Bier mehr. Leverkusen kann eh nichts dafür.

Freitag, 19. September 2025

Grimaldo zirkelt, die Werkself wackelt – und bleibt doch stehen

Also, Champions-League ist ja eigentlich so ein bisschen wie Weihnachten: kommt jedes Jahr wieder, ist immer aufregend, manchmal kalt – und am Ende hängt viel davon ab, was man sich erwartet hat. Und wenn man ehrlich ist, war das 2:2 unserer Werkself beim FC Kopenhagen irgendwie wie ein Geschenk, das auf dem Transportweg ordentlich durchgeschüttelt wurde. Verpackung leicht ramponiert, aber Inhalt heil geblieben. Kann man sich drüber freuen – oder auch erstmal 'nen Schnaps brauchen.

Denn mal ganz ehrlich: Zwei Rückstände in einem Spiel gegen eine dänische Mannschaft, die mit einem Ex-Dortmunder und einem Schweden vorne wirbelt wie ein Thermomix auf Stufe 10? Das war nicht unbedingt der europäische Sahneauftakt, den wir uns nach dem Frankfurt-Sieg erträumt hatten. Aber wir sind ja nicht zum Träumen in der Königsklasse – sondern zum Kämpfen. Und genau das hat die Truppe von Kasper Hjulmand dann in dieser komplett wahnsinnigen Schlussphase auch geliefert.

Wobei…Anfang war ja erstmal eher so meh. Neun Minuten gespielt, Larsson frei vorm Tor, zack – 0:1. Das Stadion Parken hat gebebt, unsere Defensive nicht ganz so. Danach viel Ballbesitz, wenig Durchschlagskraft, also ein bisschen wie ein IKEA-Regal ohne Schrauben: sieht stabil aus, aber am Ende kippt’s beim ersten Windstoß. Zum Glück hat Mark Flekken bei seinem Champions-League-Debüt die Nerven behalten und vor der Pause einen Einschlag von Moukoko verhindert. Gut für ihn – und gut für unseren Puls.

In Hälfte zwei wurde’s dann deutlich munterer. Hjulmand würfelte ein bisschen, brachte unter anderem Ibrahim Maza und Aleix Garcia – und plötzlich roch es ein bisschen nach „Wir wollen hier wirklich was holen“. Ben Seghir streichelt den Ball an den Pfosten, Schick hat eine Halbchance, Echeverri bringt Schwung. Und dann – natürlich – kam wieder dieser Alejandro Grimaldo. Freistoß, rechter Winkel, keine Gnade. Der Mann trifft inzwischen aus 25 Metern so sicher wie andere Leute ihren Netflix-Login. Sechs (!) direkte Freistoßtore seit 2023 – das ist kein Zufall mehr, das ist Waffe.

Aber wer dachte, das war’s mit dem Drama, kennt unsere Werkself nicht. Statt Ruhe nach dem Ausgleich, sticht Kopenhagen wieder zu – 2:1 in der 86. Minute, erneuter Nackenschlag. Man hörte förmlich, wie bei uns Fans kollektiv das Bier aus der Hand fiel. Doch diese Mannschaft, und das muss man ihr lassen, hat ein Herz wie ein Dieselmotor: kommt spät auf Touren, läuft dann aber einfach weiter. 90.+1, Echeverri zieht ab, Hatzidiakos fälscht ab, drin. Eigentor. Ausgleich. Wahnsinn.

Und so nehmen wir aus Kopenhagen nicht nur einen Punkt mit, sondern vor allem eine Erkenntnis: Diese Werkself hat nicht nur neue Namen, neue Systeme und neue Frisuren – sie hat auch Eier. Mentalität, wie man im Fußballerdeutsch so gerne sagt. Da wächst etwas zusammen, was noch nicht perfekt ist, aber Bock macht. Das ist keine glattgebügelte Ballbesitz-Maschine, sondern ein Team, das auch mal Dellen hat – aber sich jedes Mal wieder aufrichtet.

Sechs Champions-League-Debüts, ein Trainer zurück in der Heimat, ein Torwart mit starker Premiere, ein argentinisches Toptalent, das schon aussieht, als hätte er heimlich bei River Plate und auf dem Bolzplatz von Rheindorf gleichzeitig trainiert – dieses Spiel hatte von allem etwas. Nur eben kein Happy End. Oder vielleicht doch: Denn am Ende zählt in dieser Mammut-Gruppenphase der neue Champions-League ja vor allem eins – nicht verlieren. Mission erfüllt.

Jetzt heißt es: Kopf frei kriegen, Schienbeinschoner trocknen lassen, Grimaldo in Watte packen – und Sonntag gegen Gladbach die Borussia mal zeigen, wie man mit Herz, Chaos und Freistoßmagie spielt. Denn eins ist klar: Wenn diese Werkself noch ein bisschen Eingespieltheit sammelt, dann kann Europa sich warm anziehen. Und zwar nicht nur wegen der skandinavischen Temperaturen.

Samstag, 13. September 2025

Grimaldo zündet zweimal die Wunderkerze – und Hjulmand hat Feuer unterm Dänen!

Na gut, liebe Leverkusen-Gemeinde: Wer nach dem Sommer voller Abschiede, Trainerchaos und ten Hag-Taktiktristesse noch dachte, diese Saison würde uns wie ein Kaltgetränk ohne Kohlensäure vorkommen, der wurde am Freitagabend eines besseren belehrt – mit Karacho, Knall und gleich zwei direkt verwandelten Freistößen, die einem die Fußnägel aufrollten. Bayer 04 gewinnt sein erstes Heimspiel unter Neu-Trainer Kasper Hjulmand mit 3:1 gegen Eintracht Frankfurt – und das in doppelter Unterzahl. Ja, doppelter! Wir hatten weniger Feldspieler als die FDP Wähler.

Aber von Anfang an. Freitagabend, Flutlicht, Bier in der Hand, die Nordkurve hungrig. Kasper Hjulmand steht das erste Mal offiziell an der Seitenlinie. Noch nicht lang im Amt, aber direkt mit dem Taktstock in der Hand, als würde er die Bayer-Philharmoniker dirigieren. Was folgte, war weniger Mozart, mehr Metallica – laut, wild, dreckig, aber absolut geil.

Alejandro Grimaldo – dieser Mann ist inzwischen mehr Künstler als Außenverteidiger. Der erste Freistoß? Gemalt. Der zweite? Noch schöner. Wir reden hier nicht von Glück, wir reden von einem Typen, der die Physik einfach ignoriert und sich stattdessen an seine eigene Naturgesetze hält. Sechs direkt verwandelte Freistöße seit seinem Wechsel zu uns – Grimaldo ist mittlerweile mehr Gefahr vom ruhenden Ball als manche Stürmer aus dem Spiel heraus. Die Mauer der Eintracht? Mehr dekoratives Element als Abwehrmaßnahme. Spätestens beim zweiten Ding in der 99. Minute (ja, die gab's wirklich!) war klar: Wir haben den besten Linksfuß der Liga. Vielleicht auch Europas. Und das ohne Übertreibung, ausnahmsweise.

Doch das war nicht nur ein Grimaldo-Fest, das war ein Charakterspiel – und zwar eins mit dem ganzen Sortiment. Früh verletzt sich Palacios, dann Andrich mit Gelb-Rot runter, später auch noch Fernández mit Gelb-Rot vom Platz geschickt. Die Werkself nur noch zu neunt, und trotzdem hat man nie das Gefühl, dass hier was kippen könnte. Hinten stand der neue Mann Badé mit einer Selbstverständlichkeit, als wäre er seit zehn Jahren bei uns. Daneben Tapsoba, der ab Minute 60 plötzlich wie ein Kapitän auftrat – irgendwer musste ja die Verantwortung übernehmen. Und vorne? Patrik Schick mal wieder eiskalt vom Punkt, wie ein tschechischer Versicherungsvertreter. Macht den Deckel in Hälfte eins drauf. Der Mann hat jetzt 15 Bundesliga-Tore in 2025 – lasst den ruhig weiter schießen, auch wenn er aussieht, als würde er sich im Schlaf verletzen.

Und dann war da noch die Trainer-Premiere. Hjulmand, dieser sympathische Däne, wirkt wie der Onkel, der beim Familienfest nicht viel redet, aber plötzlich alle beim Schachturnier schlägt. Klarer Plan, ruhiges Auftreten, null Drama. Nach Monaten der konfusen Aufstellungen und Alibi-Pressekonferenzen ist das wie ein Besuch in der Sauna nach drei Tagen Campingplatz: befreiend. Man hatte das Gefühl, die Spieler wussten wieder, was sie tun. Auch in Unterzahl. Auch in doppelter Unterzahl. Auch in Minute 90+9, als man eigentlich nur noch gehofft hat, dass Aytekin pfeift und nicht noch jemandem einfällt, den Ball mit der Hand auf der Linie zu klären.

Frankfurt? War da. Hatte den Ball. Aber am Ende war’s wie so oft mit Gegnern, die meinen, sie könnten mit Spielkontrolle gegen Leverkusen was reißen: viel Wind, wenig Ertrag. Und ganz ehrlich – so ein bisschen Schadenfreude gehört dann auch dazu. Wenn du neun Mann auf dem Platz hast und trotzdem noch einen Freistoß verwandelst, während die Eintracht sich gegenseitig anmeckert, dann weißt du: Diese Mannschaft ist nicht nur gut. Sie hat auch Eier aus Titan.

Der Sieg tut nicht nur wegen der drei Punkte gut – sondern weil er nach diesen chaotischen Wochen zeigt: Hier wächst was zusammen. Mit neuer Struktur, neuen Gesichtern und einem neuen Trainer, der offenbar nicht nur bei Wind gut aussieht. Nächste Station: Champions League in Kopenhagen. Und ja, es wäre ganz schön poetisch, wenn unser dänischer Chef dort gleich mal seinen Landsleuten zeigt, was er aus dem Bayer-Kader rausholt – mit weniger Starpower als im letzten Jahr, aber mit mehr Herz, mehr Struktur und Grimaldo, der inzwischen vermutlich mit einem Kompass schießen kann.

Fazit: Bayer 04 lebt. Und wie.