Montag, 22. September 2025

Tabakovic, du Spaßbremse! – Ein fast perfekter Fußballabend in der BayArena

Sonntagabend, Flutlicht, ausverkaufte Hütte, Bier in der Hand – Fußballherz, was willst du mehr? Alles war angerichtet für einen dieser perfekten Abende im Wohnzimmer am Rhein – und ja, bis zur 91. Minute sah auch alles nach einem stimmigen Drehbuch aus. Die Werkself war auf dem besten Weg, den zweiten Heimsieg in Folge einzufahren, neue Gesichter spielten sich warm und ein gewisser Ernest Poku machte auf der rechten Seite mehr Alarm als ein Hubschrauber über dem Neulandpark. Doch dann kam Haris Tabakovic. Ein Mann mit Namen wie aus einem Mafiafilm, der leider nichts anderes tat, als die Stimmung in der BayArena komplett zu ruinieren – mit dem Kopf, ausgerechnet.

Aber fangen wir von vorne an – beziehungsweise irgendwo zwischen Euphorie, Experimentierfreude und einer dänischen Portion Pragmatismus. Denn Kasper Hjulmand scheint langsam nicht nur die Kaffeeküche im Ulrich-Haberland-Stadion zu kennen, sondern auch seine Mannschaft. Zwar fehlten mit Robert Andrich und Exequiel Palacios zwei absolute Maschinen im Mittelfeld, aber mit Aleix Garcia und Malik Tillman entstand eine Doppel-Sechs, die nicht nur gut aussah, sondern auch tatsächlich ganz gut funktionierte. Besonders Tillman zeigte, dass er mehr kann als nur Instagram-Filter und Ballannahmen – er traf auch mal. Ein schönes Tor übrigens, nach Vorlage von Poku, der an diesem Abend den Begriff „Einwechslung“ komplett neu definierte. Der Junge hat Dampf – und Bock. Und das sehen wir Fans ja bekanntlich besonders gerne.

Auch vorne ging mit Patrik Schick wieder einer spazieren, der momentan gefühlt jeden zweiten Ball im Netz unterbringt. Wenn er nicht gerade mit dem Kopf knapp scheitert, wie in Minute neun. Trotzdem: Der tschechische Panzer ist wieder vollgetankt, die Spritzigkeit kommt zurück und man merkt einfach, dass er nicht mehr ständig mit dem Rücken zum Tor spielen muss. Das hilft allen – besonders uns auf der Tribüne, die wir bei jeder Schick-Ballberührung mittlerweile die Luft anhalten, als ginge es um unsere Steuererklärung.

Dann kam der Moment: Poku auf rechts wie ein Mofa auf Speed, flankt rein, Schick rutscht vorbei, aber Tillman ist da. 1:0. Jubel, Bierduschen, Umarmungen mit Fremden – endlich wieder einer dieser emotionalen Momente, wegen denen man sich Woche für Woche diesem Wahnsinn aussetzt.

Und dann… ja. Dann passiert das, was halt irgendwie typisch ist für diese Phase der Saison, in der vieles gut läuft, aber halt noch nicht alles: ein Standard gegen uns. Nachspielzeit. Ecke. Kopfball. Tor. 1:1. Tabakovic, der Partycrasher. Und auf einen Schlag kippte die Stimmung von „Champions-League-Aspirant“ zu „typisch Leverkusen“. Wobei – Moment – nein, das war gar nicht so typisch. Denn anders als in der Vergangenheit war da nicht diese komplette Leere nach dem Ausgleich. Kein kollektives Einbrechen, kein Schulterzucken, kein „Is halt so“. Sondern: Ärger. Wut. Und vor allem: Aufbruchsstimmung.

Denn wer ehrlich ist, muss sagen: Das war spielerisch kein Feuerwerk, aber die Richtung stimmt. Man merkt, wie Hjulmand das Team Schritt für Schritt aufeinander einstellt. Die Abläufe wirken noch nicht wie ein Schweizer Uhrwerk, eher wie ein alter Wecker vom Flohmarkt – aber immerhin: Er tickt. Und zwar nach vorne. Besonders Maza gefällt, nicht nur wegen seines unermüdlichen Laufens, sondern auch, weil er mittlerweile den Eindruck macht, als würde er in diesem Trikot tatsächlich aufblühen. Gleiches gilt für Ben Seghir, der zwar noch nicht alles trifft, aber zeigt, dass er das Potenzial hat, ein echtes Puzzlestück im Leverkusener Mittelfeld-Chaos zu werden.

Und dann wäre da noch Jonas Hofmann. Der Rückkehrer, der bei seiner Einwechslung fast schon standing ovations bekam – für drei Ballkontakte und eine Frisur, die immer noch sitzt. Willkommen zurück, Jonas. Schön, dass du wieder da bist.

Natürlich nervt so ein 1:1 gegen Gladbach. Erst recht, wenn es am Ende ein gefühlter Punktverlust ist. Aber: Die Werkself bleibt ungeschlagen, seit 12 Spielen in der Liga gegen die Fohlen sowieso, und irgendwie fühlt sich das alles trotzdem nach etwas an, das wächst. Wenn auch mit ein paar Rückschlägen. Wie beim Ikea-Regal, bei dem eine Schraube fehlt, aber am Ende steht's trotzdem halbwegs stabil.

Jetzt also Millerntor. Kiez, Krawall, kernige Duelle – aber auch die Chance, den Frust über zwei verlorene Punkte in hanseatischem Nieselregen wegzuspielen. Die Richtung stimmt. Die Mentalität passt. Und die Tabakovic-Momente? Die werden seltener. Hoffen wir.

Und falls nicht: Dann trinken wir halt noch ein Bier mehr. Leverkusen kann eh nichts dafür.

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