Es ist schon fast zum Verzweifeln: Bayer 04 kann einfach nicht lernen, wie man eine Führung über die Zeit bringt. Da spielt die Werkself in Bochum mit 70 Prozent Ballbesitz und sieht lange wie der sichere Sieger aus – und dann kommt diese 90. Minute, und das Drama nimmt seinen Lauf. Schon wieder. Und wieder einmal ist es ein Team aus dem Tabellenkeller, das am Ende doch noch den Punkt mitnimmt. Bochum, das in dieser Saison bisher selten ein Punktelieferant war, hat uns genau das gezeigt, was Bayer zu fehlen scheint: Entschlossenheit und der unbedingte Wille, nicht aufzugeben.
Xabi Alonso und die Mannschaft waren nach dem Spiel hörbar frustriert. Wieder das gleiche Gefühl wie gegen Kiel, als man kurz vor Schluss den Ausgleich hinnehmen musste. Es war auch die gleiche Geschichte wie gegen Bremen. Wieder kein Sieg, wieder dieses späte Tor, das alles kaputtmacht. Dass Alonso mehr erwartet und sogar in der Halbzeit betonte, dass ein 1:0 nicht ausreichen würde, lässt erahnen, wie sehr es ihn wurmt, dass die Mannschaft das nicht auf den Platz bringt. Woran liegt es, dass wir so oft nach einer Führung einfach nicht nachlegen? Warum fühlt sich ein Bayer-Sieg in dieser Saison immer wie ein wackliges Konstrukt an, das jederzeit zusammenbrechen kann?
Kapitän Hradecky wirkte konsterniert und sprach von einem "herben Schlag ins Gesicht" – aber auch davon können wir uns als Fans inzwischen kaum noch überraschen lassen. Es wirkt, als ob die Mannschaft immer wieder in die gleichen Muster fällt, als ob sie nach einer Führung automatisch den Fuß vom Gas nimmt. Vielleicht ist es auch eine Art psychologisches Problem, dass wir mit dieser Favoritenrolle noch immer nicht richtig umgehen können. Als Vizemeister wird von Bayer 04 Leverkusen erwartet, auch gegen vermeintlich leichtere Gegner souverän aufzutreten – doch die Realität sieht anders aus.
Der Punktgewinn von Bochum hat uns schmerzlich gezeigt, dass einfach nicht alles klappt, nur weil man nominell das stärkere Team ist. Bochum hat sich nicht nur teuer verkauft, sondern zeigte den unbedingten Willen, ein Team auf Augenhöhe zu sein. Wir hingegen? Man könnte meinen, dass wir uns gelegentlich auf unserer individuellen Klasse ausruhen. Der schmerzhafte Lerneffekt scheint bei Bayer noch immer auf sich warten zu lassen, denn dieses Malheur zieht sich nun schon durch die gesamte Saison. Bereits elf Punkte haben wir nach Führungen hergeschenkt, was uns zur Liga-Spitze in dieser Kategorie bringt – nicht gerade ein Titel, den man als Bayer-Fan gern sehen möchte.
Die frustrierten Gesichter bei den Spielern nach dem Spiel sprechen Bände, und doch scheint sich nichts zu ändern. Die Statistiken machen es nur noch bitterer: Über 70 Prozent Ballbesitz, eine hohe Passquote – und am Ende zählt trotzdem nur der eine Punkt, der uns wie ein schlechter Scherz vorkommt. Wir müssen besser lernen, wie man als Spitzenmannschaft agiert, wenn man in Führung liegt. Uns fehlt nicht nur die Abgeklärtheit, sondern auch das nötige Selbstverständnis, um den Druck bis zum Schlusspfiff standzuhalten.
Nach der Länderspielpause haben wir wieder Heimspiele. Da könnte die Unterstützung des eigenen Publikums vielleicht den Unterschied machen. Doch selbst das ist keine Garantie dafür, dass wir die dringend benötigten Punkte mitnehmen werden. Der Auftritt in Bochum war einmal mehr eine Erinnerung daran, dass Bayer 04 noch weit davon entfernt ist, eine Spitzenmannschaft zu sein, die souverän ihre Spiele über die Zeit bringt.
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