Sonntag, 15. Dezember 2024

Auswärts ist das neue Zuhause

Es gibt sie, diese Phasen, in denen man als Fan von Bayer 04 Leverkusen einfach nur staunen kann. Als wären die vergangenen Jahre voller „Hätte, könnte, sollte“ nur ein böser Traum, präsentiert sich unsere Werkself in dieser Saison als eine nahezu unaufhaltsame Maschine. Der Sieg in Augsburg? Ein weiteres Kapitel dieser Erfolgsgeschichte, geschrieben mit Präzision, Geduld und einer Prise Augsburger Verzweiflung. Wer hätte gedacht, dass wir irgendwann einmal auf ein komplettes Kalenderjahr ohne Auswärtsniederlage zurückblicken würden? Das ist nicht nur rekordverdächtig, das ist historisch. Ich kann mir gut vorstellen, dass selbst in München nervös auf die Tabellenstände geschielt wird – und das ist erst der Anfang.

Das Spiel gegen Augsburg war ein Paradebeispiel dafür, wie diese Mannschaft tickt: effizient, abgeklärt und vor allem in den entscheidenden Momenten eiskalt. Martin Terrier, der sich immer mehr in die Herzen der Fans spielt, brauchte gerade einmal einen perfekt gespielten Pass von Granit Xhaka, um die Führung zu erzielen. Und Florian Wirtz? Der macht inzwischen Dinge, die man mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Begeisterung beobachtet. Wie er vor dem 2:0 nicht nur die Verteidigung, sondern auch die Physik ausgetrickst hat, war einfach Weltklasse. Es gibt wohl kaum jemanden in der Bundesliga, der sich so elegant durch engste Räume schlängelt – Wirtz ist unser Schmuckstück, unser Wunderkind. Und das Beste daran: Er ist erst 21 und hat noch so viel vor sich.

Aber es war nicht nur die Offensive, die überzeugt hat. Die Defensive um Jonathan Tah hat in Augsburg einmal mehr gezeigt, warum wir uns aktuell nicht nur über Tore, sondern auch über deren Verhinderung freuen dürfen. Augsburg mag heimstark sein, aber unsere Werkself hat ihre Versuche, ins Spiel zu kommen, mit stoischer Ruhe und perfektem Stellungsspiel zunichtegemacht. Nicht einmal ein Abseitstor von Schlotterbeck konnte die Souveränität dieser Truppe erschüttern. Es war eines dieser Spiele, bei denen man sich irgendwann dabei ertappt, nicht mehr nervös zu sein, sondern einfach nur zu genießen. Das Gefühl? Ein Traum.

Die Serie von 24 ungeschlagenen Auswärtsspielen spricht nicht nur für die Qualität des Kaders, sondern auch für die Arbeit von Xabi Alonso. Der Trainer hat es geschafft, die Mannschaft auf ein Niveau zu heben, das wir in Leverkusen schon lange nicht mehr gesehen haben. Spieler wie Granit Xhaka verkörpern diese neue Mentalität: kompromisslos, kampfstark und mit einem unerschütterlichen Siegeswillen. In der Champions League haben wir Inter Mailand bezwungen, in der Liga Augsburg mit all ihrer Heimstärke ausmanövriert. Was bleibt da noch, außer sich die Hände zu reiben und zu hoffen, dass diese Saison das hält, was sie verspricht?

Natürlich ist uns allen bewusst, dass in der Bundesliga die Weihnachtsbäume gern erst im Mai aufgestellt werden. Aber dieser Sieg in Augsburg hat etwas Symbolisches: ein weiteres Puzzlestück in einer Saison, die uns immer wieder zum Träumen einlädt. Und wenn man dann noch hört, dass die Bayern in Mainz gepatzt haben, kommt ein Grinsen auf, das sich nur schwer unterdrücken lässt. Vier Punkte Rückstand, die Meisterschaft noch in Reichweite und ein Team, das Woche für Woche beweist, das es bereit ist für Großes. Es fühlt sich an, als wäre alles möglich.

Jetzt wartet Freiburg in der BayArena – das letzte Pflichtspiel des Jahres. Noch einmal alles geben, bevor wir in die Winterpause gehen, um uns für den großen Endspurt zu rüsten. Und wer weiß, vielleicht erzählen wir irgendwann von der Saison 2023/24 als der Zeit, in der Bayer 04 endgültig zu einem Klub wurde, der keine „Was wäre wenn“-Gedanken mehr zuließ. Ein Team, das auswärts unschlagbar und daheim unbezwingbar war. Ein Team, das endlich den großen Coup landete. Aber eins nach dem anderen – jetzt genießen wir erstmal die Vorweihnachtszeit auf Platz zwei.

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