Mittwoch, 11. Dezember 2024

Last-Minute-Mukiele und die Kunst, Inter zum Schweigen zu bringen

Es gibt Dinge, die man als Bayer-Fan nie so ganz erwartet, egal wie oft sie schon passiert sind: Ein Tor in der 90. Minute, das nicht nur ein Spiel entscheidet, sondern auch noch gegen einen defensiven Giganten wie Inter Mailand fällt. Da steht man auf den Tribünen der BayArena, die Hände noch halb in den Taschen, bereit, ein 0:0 irgendwie als „solide“ zu akzeptieren – und plötzlich explodiert die Kurve. Nordi Mukiele, gerade erst eingewechselt, vollendet einen dieser Momente, die man als Fan einfach nur lieben kann. Ein Ball, der ein bisschen glücklich und ein bisschen gewollt bei ihm landet, und ein Abschluss, der so trocken war wie der Humor von Yann Bisseck nach dem Spiel. Und schwupps, der italienische Meister war bezwungen, ausgerechnet in Leverkusen, wo man eigentlich nie so recht mit solchen Geschichten rechnet.

Dabei begann der Abend mit all den Zutaten, die für Bayer 04 in der Champions League typisch sind: eine spielstarke Mannschaft, die den Ball laufen lässt, Chancen herausspielt, aber irgendwie an der Perfektion scheitert. Man kennt das. Es war zum Haare raufen, wie Frimpong in der dritten Minute knapp scheiterte oder wie Tella den Ball ans Aluminium zimmerte. Granit Xhaka hatte sich offenbar vorgenommen, seinen Landsmann Yann Sommer zu testen, aber auch das war so erfolglos wie die Versuche von Inter, offensiv in Erscheinung zu treten. Es schien, als ob der Fußballgott uns einen „ja, aber“-Abend bereiten wollte. Ja, wir spielen gut, aber der Ball geht eben nicht rein.

Aber das war eine andere Werkself. Keine Spur von Resignation, kein Einknicken vor dem defensiven Bollwerk der Italiener. Xabi Alonso hatte einen Plan, und dieser Plan war, die Geduld zu bewahren. Es war ein Match, bei dem man spürte, wie viel Struktur und Ruhe in dieser Mannschaft stecken. Inter war defensiv diszipliniert, das ist klar, aber Leverkusen war schlicht besser. Es war ein Spiel, in dem jeder Ballkontakt saß, die Laufwege stimmten und die Passgenauigkeit beeindruckte – ein Team, das sich darauf verlassen konnte, dass die Lücke irgendwann kommt.

Und dann kam Mukiele. Es ist schon fast filmreif, dass ausgerechnet ein Spieler, der einen schwierigen Start in Leverkusen hatte, den entscheidenden Treffer markiert. In der Szene steckte alles, was Bayer 04 in dieser Saison ausmacht: ein kühler Kopf, eine clevere Ballverlagerung, und dann die Entschlossenheit, genau im richtigen Moment zuzuschlagen. Das war kein Zufall, sondern das Produkt von harter Arbeit, von Vertrauen, das Alonso auch in schwierigeren Phasen in seine Spieler setzt. Dass Mukiele, der bis vor Kurzem eher mit Verletzungen und Formproblemen zu kämpfen hatte, jetzt der Held eines solchen Abends wurde, ist ein Beweis dafür, dass diese Mannschaft nicht nur Talent, sondern auch Mentalität hat.

Mit diesem Sieg hat sich Bayer 04 nicht nur vorübergehend auf Platz zwei der Tabelle geschoben, sondern auch ein Statement gesetzt. Zwei Mal in einer Saison gegen Mailänder Topteams zu gewinnen – das macht Eindruck. Es war nicht nur ein Sieg gegen Inter, es war ein Sieg gegen das Klischee, dass Leverkusen in den großen Momenten immer knapp scheitert. Dieses Team ist anders, und das merkt man in jeder Minute, in der sie auf dem Platz stehen.

Während andere sich jetzt schon mit Rechenschiebern und Tabellenrechnern beschäftigen, darf man als Fan einfach mal genießen, was hier entsteht. Es sind Abende wie dieser, die uns daran erinnern, warum wir uns Woche für Woche in die BayArena schleppen. Denn irgendwo im Lärm der letzten Minute, im Chaos eines späten Siegtreffers, im Glücksgefühl nach dem Schlusspfiff liegt der Kern dessen, was es heißt, Bayer-Fan zu sein. Es mag verrückt sein, aber es ist unser Verrücktsein – und es ist verdammt schön.

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