Mittwoch, 4. Dezember 2024

Rot sehen, Schwarz-Rot jubeln

Es gibt Spiele, bei denen man sich als Bayer-Fan fragt, ob das alles wirklich passiert ist – und dann gibt es solche wie das Pokal-Achtelfinale gegen den FC Bayern, bei denen man weiß: Ja, das war echt, und es war großartig. 1:0 in München, im DFB-Pokal, und das, obwohl man zwischendurch wieder das alte Herzklopfen verspürte, das nur unser geliebter Bayer 04 hervorrufen kann. Aber diesmal war alles anders. Diesmal war es eine Machtdemonstration der anderen Art: Geduldig, clever und, ja, ein bisschen glücklich. Aber Glück gehört dazu, vor allem, wenn Manuel Neuer beschließt, sich mal kurz als Footballspieler zu versuchen.

Das Spiel begann wie erwartet: Bayern wollte den Ton angeben, wir hielten dagegen. Xabi Alonso schickte die Mannschaft taktisch exzellent vorbereitet ins Rennen, und früh wurde klar, dass wir uns nicht verstecken würden. Und dann kam die Szene, die alles veränderte. Neuer, der bislang ohne Platzverweis in über 860 Spielen durch seine Karriere gekommen war, ließ sich von Jeremie Frimpongs Tempo überraschen. Ein Bodycheck, der mehr nach NFL als nach Bundesliga aussah, beendete seinen Abend frühzeitig. Für uns war das der Moment, in dem der Glaube wuchs. Klar, in München zu gewinnen, ist nie ein Selbstläufer – aber ein Bayern ohne Neuer fühlt sich schon ein bisschen weniger unbezwingbar an.

In Überzahl war es allerdings nicht so, dass wir plötzlich den Rasen der Allianz Arena dominierten. Ganz im Gegenteil: Die Bayern zeigten, warum sie als Rekordsieger so gefürchtet sind. Sie kämpften mit einer Mischung aus Trotz und Klasse, und unsere Defensive geriet mehr als einmal ins Wanken. Besonders in der ersten Halbzeit sah es so aus, als würden wir uns selbst um die Früchte unserer Ausgangslage bringen. Doch dann kam der Moment, auf den alle warteten – ein Wechsel, ein Genieblitz und ein Joker, der zum Helden wurde. Nathan Tella, nicht gerade bekannt für seine Kopfballstärke, stieg nach einer perfekten Grimaldo-Flanke in den Münchner Nachthimmel und köpfte uns ins Glück.

Von da an war es ein Spiel, wie es Bayer-Fans oft erleben: Zittern, Bangen, Fluchen – und am Ende Feiern. München drückte, wir hielten dagegen, und die Minuten krochen dahin wie eine Rückfahrt aus Berlin nach einer Pokalpleite. Doch diesmal ging es gut aus. Die Defensive stand, die Bayern fanden kein Mittel, und als Frimpong in der Nachspielzeit noch die Latte traf, war klar: Heute gehört das Glück uns.

Was bleibt, ist mehr als nur ein Viertelfinaleinzug. Es ist der Beweis, dass diese Mannschaft aus einer anderen Zeit zu kommen scheint. Eine Zeit, in der Bayer 04 nicht nur mitspielen, sondern auch gewinnen will. Und das nicht nur in einem Spiel, sondern in einer Saison. Natürlich, es ist nur der Pokal, und da kann alles passieren. Aber wie Xabi Alonso diese Mannschaft führt, wie sie spielt und vor allem wie sie kämpft, macht Lust auf mehr. Wer in München gewinnt, der darf auch träumen. Von Berlin, von Titeln, von mehr als dem, was uns die letzten Jahrzehnte oft gefehlt hat: Konsequenz in den großen Momenten.

Neuer wird seine Sperre absitzen, Bayern wird sich wieder sammeln, und die nächsten Aufgaben stehen an. Aber für uns bleibt dieser Abend in München ein Meilenstein. Der Titelverteidiger lebt, und er lebt gut. Jetzt geht’s weiter: Erst St. Pauli, dann Inter Mailand. Und wenn wir uns so präsentieren wie gegen die Bayern, dann ist nicht nur Berlin ein Ziel, sondern vielleicht auch eine Geschichte, die wir später einmal mit den Worten beginnen: „Weißt du noch, damals in München?“

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen