Freitag, 15. August 2025

Von Samba bis Seitenwechsel – Bayer 04 startet mit Pokal-Laune in die neue Saison

Die Sommerpause ist vorbei, der Urlaub für Spieler und Fans nur noch eine blasse Erinnerung, und in Leverkusen hat sich seitdem einiges getan. Die Saisonvorbereitung verlief wie ein gut geplanter, aber nicht ganz pannenfreier Roadtrip – mit neuen Gesichtern, ungewohnten Ideen und einem Ziel, das klar ist: an die vergangenen Erfolge anzuknüpfen, ohne in Routine zu verfallen. Heute steht das erste Pflichtspiel an – DFB-Pokal in Großaspach – und wie immer liegt vor dem Anpfiff diese Mischung aus Vorfreude, Nervosität und der Frage: „Was passiert, wenn’s schiefgeht?“ Aber wir sind Bayer 04, und wir fahren nicht nach Aspach, um die Landschaft zu genießen. Wir fahren hin, um die neue Saison mit einem klaren Statement zu eröffnen.

Trainer Erik ten Hag hat schon früh deutlich gemacht, dass er kein Freund von Märchenstunden ist. Auf die Frage, ob er Leverkusen quasi mit einem Zauberstab sofort an die Spitze führen könne, sagte er trocken: „Niemand ist wie Harry Potter.“ Und so sympathisch diese Ehrlichkeit ist – sie bringt auch eine gesunde Portion Realismus in eine Mannschaft, die zuletzt in vielen Belangen verwöhnt wurde. Der Niederländer weiß, dass Top-Fußball nicht mit einem Fingerschnipsen entsteht, sondern mit Arbeit, Geduld und dem Mut, neue Wege zu gehen. Diese nüchterne Sicht ist vielleicht nicht so magisch wie ein Last-Minute-Finale, aber sie ist die Basis, um langfristig erfolgreich zu bleiben.

Die Vorbereitung war alles andere als langweilig. Neben den Trainingseinheiten in heimischen Gefilden stand ein Highlight auf dem Programm, das weniger mit Taktik und mehr mit Image zu tun hatte: die Bayer 04 Brazil Tour. Dort traf man nicht nur auf die brasilianische Sonne, sondern auch auf die brasilianische Fußballleidenschaft – und die ist bekanntlich eine eigene Währung. Zwischen Medien-Events, Auftritten von Vereinsführung und Coach und Testspielen gegen Jugendteams wie die U20 von Flamengo ging es um mehr als nur ums Toreschießen. Es ging darum, sich international zu präsentieren, neue Fans zu gewinnen und den Spielern ein bisschen Samba im Blut mitzugeben.

Trotz der positiven Vibes gab es natürlich auch die kleinen Stolpersteine, die zu jeder Vorbereitung dazugehören. Verletzungen und Krankheitsausfälle mischten die Karten neu: Alejandro Grimaldo musste unter der Woche krankheitsbedingt kürzertreten, und Victor Boniface, einer der Hoffnungsträger in der Offensive, ist noch nicht bei voller Fitness. Das öffnet wiederum Türen für andere. So könnte Neuzugang Ernest Poku schneller als gedacht in die Startelf rutschen. Kaum angekommen, gleich rein ins erste Pflichtspiel – das ist wie wenn du in einer WG am ersten Abend gebeten wirst, den Abwasch zu machen: ein Härtetest, aber auch eine Gelegenheit, Eindruck zu hinterlassen.

Auch in Sachen Transfers ist noch Bewegung drin. Amine Adli könnte heute Abend seinen letzten Auftritt im Bayer-Dress haben, bevor es möglicherweise weiter nach England zu Bournemouth geht. Ein Abschied, der zwiespältig ist: sportlich ein Verlust, finanziell vermutlich ein Gewinn. Solche Geschichten gehören zum Fußball dazu, und manchmal bringt ein Abgang auch neue Chancen für andere Spieler.

Der heutige Gegner, SG Sonnenhof Großaspach, ist in der Fußballlandschaft kein ganz Unbekannter mehr. Der selbsternannte „Dorfklub“ hat in der letzten Saison die Oberliga Baden-Württemberg mit beeindruckenden 31 Siegen aus 34 Spielen dominiert, dazu den WFV-Pokal gewonnen und sich den Aufstieg in die Regionalliga gesichert. Das klingt nicht nach Laufkundschaft, sondern nach einem Gegner, der seine Heimspiele durchaus mit breiter Brust angeht. Großaspach hat sich auf diesen Abend akribisch vorbereitet – von der Organisation der Shuttle-Busse ab Backnang bis zur Pre-Match-Party mit DJ Kaba. Die größte Stadionchoreografie der Vereinsgeschichte ist geplant, und der Fanshop ist mit Pokal-Shirts gefüllt. Das ist nicht nur Fußball, das ist Volksfest mit Ball.

Natürlich weiß jeder, wie die Rollen verteilt sind: Bayer 04 kommt als haushoher Favorit, Großaspach als mutiger Außenseiter. Aber Pokalspiele haben ihre eigenen Gesetze – und genau darin liegt der Reiz. Für den Gegner ist es das Spiel des Jahres, für Leverkusen der Start in eine Saison, die wieder hoch hinausgehen soll. Für die einen ist es die Bühne, um sich zu beweisen, für die anderen ein Pflichttermin, der alles sein kann – von einer lockeren Generalprobe bis zu einer schmerzhaften Erinnerung daran, dass im Fußball nichts garantiert ist.

Die Stimmung in der Leverkusener Mannschaft scheint trotz aller kleinen Unwägbarkeiten gut zu sein. Ten Hag hat in den letzten Wochen viel ausprobiert, Formationen getestet und den Spielern klare Vorstellungen vermittelt. Auch wenn noch nicht alles perfekt läuft, ist die Handschrift des Trainers bereits zu erkennen: mehr Struktur im Spielaufbau, konsequentes Pressing und das Ziel, den Ball nicht nur zu haben, sondern damit etwas zu machen. Die Fans dürfen sich auf eine Mischung aus disziplinierter Organisation und mutigem Offensivfußball freuen – sofern die Umsetzung heute Abend klappt.

Das Umfeld in Aspach ist bereit, die Spieler sind fokussiert, und der Rahmen könnte kaum besser sein. Ein Abendspiel im Pokal, Flutlicht, volle Ränge – das ist der Stoff, aus dem die Fußballromantik gestrickt ist. Gleichzeitig ist es der Moment, in dem ein neuer Zyklus beginnt: das erste Pflichtspiel unter einem neuen Trainer, mit frischen Ideen und einem Team, das noch nicht in Stein gemeißelt ist. Jeder Einsatz, jeder Lauf, jede gelungene Kombination heute wird nicht nur über das Weiterkommen im Pokal entscheiden, sondern auch ein Signal für die kommenden Wochen senden.

Es gibt viele Gründe, optimistisch zu sein. Die Mannschaft hat Qualität, die Mischung aus erfahrenen Kräften und jungen Talenten ist stimmig, und auch wenn noch nicht alle Neuzugänge voll integriert sind, bietet das Chancen für Überraschungen. Ein erfolgreicher Pokalabend kann Selbstvertrauen geben, die Stimmung heben und den Weg für einen guten Saisonstart in der Bundesliga ebnen.

Natürlich wird Großaspach alles daransetzen, diesen Plan zu durchkreuzen. Mit dem Schwung aus einer überragenden Saison im Rücken, einer heimischen Kulisse und der Aussicht, gegen einen Champions-League-Teilnehmer zu bestehen, werden sie kämpferisch auftreten. Aber genau in solchen Spielen zeigt sich der Unterschied zwischen einem ambitionierten Regionalligisten und einem etablierten Bundesligisten. Leverkusen muss die eigene Klasse von der ersten Minute an auf den Platz bringen – nicht überheblich, sondern entschlossen.

Für die Fans ist der Abend eine Mischung aus Pflichttermin und Fest. Wer nach Aspach fährt, wird nicht nur das Spiel sehen, sondern auch das Drumherum genießen – und vielleicht im Hinterkopf behalten, dass solche Reisen oft die Geschichten schreiben, an die man sich Jahre später noch erinnert. Ob es ein souveränes 4:0 oder ein nervenaufreibendes 2:1 wird, ist am Ende zweitrangig – wichtig ist, dass das Team gemeinsam mit den Fans den ersten Schritt in eine hoffentlich erfolgreiche Saison macht.

Egal wie das Spiel läuft, die Saison hat bereits eine besondere Dynamik. Mit einem Trainer, der klare Vorstellungen hat, einem Kader, der flexibel besetzt ist, und einer Vereinsführung, die sich international positioniert, stehen die Zeichen auf Fortschritt. Der heutige Abend ist der erste Prüfstein – und gleichzeitig der Auftakt für viele Geschichten, die noch geschrieben werden wollen. Vielleicht nicht mit einem Zauberstab, aber mit harter Arbeit, Teamgeist und der Bereitschaft, sich auch mal schmutzig zu machen, wenn es nötig ist.

Und so rollen wir also heute in Großaspach an. Die einen sagen: Pflichtaufgabe. Die anderen sagen: Pokalabenteuer. Für uns ist es beides – und vielleicht noch ein bisschen mehr. Denn in jedem Anfang steckt die Chance, etwas Großes zu starten. Heute Abend geht es los.

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