Sonntag, 9. November 2025

Sechs auf einen Streich – Heidenheim besucht die Torfabrik Leverkusen

Wer nach dem Champions-League-Sieg bei Benfica gedacht hatte, die Werkself würde mit angezogener Handbremse in die Bundesliga zurückrollen, der hat wohl vergessen, dass Leverkusen derzeit Fußball zelebriert wie andere Leute Weihnachten – nur mit mehr Tempo, mehr Technik und deutlich mehr Toren. Gegen Heidenheim gab’s kein „Oh Du Fröhliche“, sondern ein flottes „Oh Du meine Güte!“ – und das gleich sechsmal.

Der 1. FC Heidenheim, von einigen vor Saisonbeginn noch romantisch als „unangenehmer Gegner“ verklärt, wurde von Bayer 04 einmal quer durch den eigenen Strafraum geschaukelt. Nach nicht mal 30 Minuten stand es 4:0. Die Gäste wirkten dabei weniger wie ein Bundesligist und mehr wie eine zufällig zusammengewürfelte Truppe, die auf dem Weg zum Mannschaftsausflug versehentlich in der BayArena abgesetzt wurde.

Patrik Schick hat endlich wieder den Schuss gefunden – und das im wahrsten Sinne. Zwei Tore in einem Spiel, eins davon eiskalt aus der Kategorie „Abstauber mit Stil“. Daneben brillierten Hofmann, Poku und der überragende Ibrahim Maza, der im Stile eines Routiniers zweimal traf, dabei aber maximal wie ein Student aussah, der sich kurz verlaufen hat – und dann einfach mitspielt. Was ein Auftritt.

Aber bei aller Euphorie: Das war Heidenheim. Keine Laufkundschaft, aber doch eher ein Bundesligazwerg. Solche Spiele sind Pflichtsiege – auch wenn das 6:0 eher wie eine Kür auf Speed wirkte. Kasper Hjulmand wirkte danach erfreut, aber nicht überdreht. Gut so. Denn nach der Länderspielpause warten Gegner, bei denen weniger Platz zum Kombinieren sein dürfte. Und vor allem: weniger Willen, sich widerstandslos abschlachten zu lassen.

Die Statistikfreunde unter uns kamen natürlich auch auf ihre Kosten: 926 gespielte Pässe – da wurde der Ball behandelt wie ein guter Rotwein: ständig im Umlauf und mit viel Gefühl. Dass Aleix Garcia davon allein 165 Pässe spielte, sagt einiges – entweder über seine Fitness oder Heidenheims Defensivverhalten. Wahrscheinlich beides.

Unterm Strich bleibt ein Heimsieg der Kategorie „unverschämt souverän“. Und während die Spieler nun auf Länderspielreisen geschickt werden, bleibt uns Fans ein Grinsen im Gesicht und die Frage: Ist das jetzt unser neuer Normalzustand? Leverkusen als Tormaschine, als Rekordjäger, als Spaßverein mit Meisterambitionen? Klingt absurd – aber verdammt nochmal, es fühlt sich richtig an.

Donnerstag, 6. November 2025

Schick gemacht

Mittwochabend in Lissabon – und Bayer 04 liefert endlich den ersten Dreier in der Champions League. Kein Spektakel, kein Offensivfeuerwerk, aber ein Sieg, der sich anfühlt wie ein Balsam nach dem Bayern-Debakel. Es war das klassische „hässlich, aber effektiv“-Spiel – und nach dem 0:3 in München auch genau das, was wir gebraucht haben.

Statt Zauberfußball gab’s diesmal Betonmischer-Romantik: Grätschen, Kämpfen, Klären. Und mittendrin ein Mark Flekken, der sich von Minute zu Minute mehr in Richtung Legendenstatus hechtete. Dass Benfica am Ende 21 Schüsse abfeuerte, aber keinen einzigen reinbrachte, spricht Bände – oder eben für unsere neu entdeckte defensive Leidensfähigkeit.

Und vorne? Da kommt plötzlich Patrik Schick von der Bank, köpft das Ding rein – und das war’s. Fertig ist der Auswärtssieg. Dass er im ersten Versuch noch am Keeper scheiterte, war ihm egal. Der Nachschuss mit dem Kopf saß – typisch Schick halt: nicht viel gesehen, aber dann eben im entscheidenden Moment da. Man nennt sowas auch Champions-League-Reife.

Natürlich war das Spiel kein Leckerbissen. Aber ehrlich gesagt: Uns doch wurscht. Mit einer Startelf, deren Altersdurchschnitt knapp über dem Jugendticket liegt, muss man nicht jedes Spiel dominieren – da reicht es auch mal, einfach dreckig zu gewinnen. Und wenn selbst ein Malik Tillman nach Wochen Verletzungspause gleich wieder stabil aussieht, kann man nur sagen: Es lebt, das Team. Und es lernt.

Also ja, Benfica hatte mehr Ballbesitz, mehr Abschlüsse, mehr Druck. Bayer hatte Schick, Flekken – und die drei Punkte. Und die nimmt uns in dieser Gruppe jetzt erstmal keiner mehr weg.

Sonntag, 2. November 2025

889 Tage Sonnenschein – und dann kommt München

Irgendwann musste es ja passieren. 37 Bundesliga-Auswärtsspiele ohne Niederlage sind schließlich keine kosmische Selbstverständlichkeit – und wenn eine Serie dieser Größenordnung reißt, dann natürlich stilecht in München. Gegen einen FC Bayern, der vor dem Spiel noch mit mehr Rotation als ein Karussell auf dem Jahrmarkt überraschte. Und gegen eine Werkself, die in der ersten Halbzeit offensichtlich den Reißverschluss ihrer Defensivjacke offen gelassen hatte.

Drei Dinger bis zur Pause – da hilft auch kein „aber wir hatten doch Chancen“. Ja, hatten wir. Echeverri sah in der Anfangsphase sogar so frech aus, dass man kurz dachte, Messi habe sich in einen argentinischen Teenager zurückverwandelt. Aber was nutzt der Zauberfuß, wenn die Defensive hinten auf Harry-Potter-Modus umschaltet und „unsichtbar“ spielt? Der Steilpass auf Gnabry war ebenso fein wie das Tor einfach. Beim 0:2 hätte ein Bierbecher mehr Gegenwehr gezeigt als unsere Zuordnung in der Box. Und das 0:3? Klassisches Eigentor à la „Hätte nicht passieren müssen, ist aber halt passiert.“

Hjulmand nahm es sportlich – Fehler erkannt, Game-Management ausbaufähig, Analyse folgt. Klar, man muss nach einer Klatsche nicht gleich die Kirche anzünden. Aber es bleibt eben der fade Beigeschmack, dass Bayern uns wie so oft nicht nur auf dem Platz, sondern auch in der Spielkontrolle überlegen war. Da helfen auch 55 Prozent gewonnene Zweikämpfe nicht, wenn man trotzdem dreimal hinter sich greifen muss.

Trotzdem: Einmal verlieren ist erlaubt, solange man daraus lernt. Die Serie ist vorbei, aber sie war historisch. 889 Tage ohne Auswärtsniederlage in der Liga – das schreibt sich keiner mal eben so auf den Bierdeckel. Jetzt geht’s nach Lissabon und dann gegen Heidenheim. Klingt nach einer guten Gelegenheit, das eigene Ego sanft zu polieren und die Fehler mit Punkten zu überdecken.

Donnerstag, 30. Oktober 2025

Pokalfight mit Herzinfarktgarantie: Grimaldo zirkelt, Maza netzt, Bayer lebt!

Manchmal, wenn du glaubst, du hast im Fußball schon alles gesehen, kommt Bayer 04 um die Ecke und sagt: „Hold my Pils.“ Pokalabende wie der in Paderborn sind der Grund, warum wir uns immer wieder freiwillig diesen emotionalen Schleudergängen aussetzen. Es war alles da: Drama, Flüche, Erlösung.

Die Werkself spielte über 120 Minuten wie ein Team, das irgendwie gleichzeitig müde, übermotiviert und technisch überlegen war – eine gefährliche Mischung. Natürlich kontrollierten wir das Spiel. Natürlich hatten wir 70 Prozent Ballbesitz. Und natürlich reichte das alles nicht aus, um diesen tapfer kämpfenden Paderbornern die frühzeitige Pokalruhe zu gönnen. Stattdessen wurden wir bestraft – von einem Ausgleich in Minute 90, einem Rückstand in Minute 96 und unseren eigenen Nerven.

Aber genau dann kam wieder dieses irre Leverkusen, das in der Nachspielzeit plötzlich aufwacht wie der Typ auf der Party, der um 3 Uhr morgens noch Karaoke singt, obwohl er schon um Mitternacht nach Hause wollte. Quansah mit dem 2:2 kurz vor dem Pausenpfiff der Verlängerung – typisch für diese Mannschaft, die selbst mit leerem Tank noch irgendwie auf Angriff gepolt ist. Und dann Ibrahim Maza. Wer ihn bislang nur als Talent auf dem Spielberichtsbogen kannte, kennt ihn jetzt als Retter mit Killerinstinkt. 120.+2. Ein Moment für die Ewigkeit – zumindest bis Samstag.

Denn ja, bei aller Euphorie: Die zweite Halbzeit der regulären Spielzeit war ein Mahnmal dafür, wie schnell Kontrolle in Chaos kippen kann. Unsere Defensivarbeit war, gelinde gesagt, optimistisch. Hjulmand bemängelte zu Recht das Pressing und die Ballverluste. Aber ehrlich: Wenn man am Ende gewinnt, darf man auch mal ein bisschen schönreden. Das ist schließlich das Grundrecht jedes Fußballfans.

Fazit? Achtelfinale erreicht, Mentalität gezeigt, Maza entdeckt. Und trotzdem ein paar Fragezeichen vor dem Trip nach München. Denn gegen Bayern werden sich solche Aussetzer nicht mit einer letzten Windböe wegzaubern lassen. Aber wer in Paderborn den Sieg in der letzten Sekunde klaut, dem ist halt auch in der Allianz Arena alles zuzutrauen – zumindest bis zur 90.+4. Und dann netzt wieder einer. Ganz wie früher.

Montag, 27. Oktober 2025

Zwei Tore, null Gegentore, ganz viel Selbstvertrauen

Was tun, wenn man ein Champions-League-Spiel in Paris verloren hat? Genau: Man spielt Freiburg einfach mal schwindelig. Die Werkself hat sich am Sonntag mit einer Selbstverständlichkeit zurückgemeldet, die man sonst nur von sehr selbstbewussten Tanzpaaren im „Let’s Dance“-Finale kennt. 2:0 gegen den SC Freiburg, vierter Ligasieg in Serie – und dabei nicht mal ins Schwitzen gekommen. Wenn man ehrlich ist: Das war nicht einfach ein Bundesliga-Spiel, das war eine Machtdemonstration mit Ansage. Wir sind zurück. Als hätten wir Paris nie gesehen.

Schon in den ersten Minuten, als Flekken gegen seine alten Kollegen zweimal stark parieren musste, konnte man es ahnen: Heute wird's kein gemütlicher Spaziergang. Doch danach? Fast schon Bayer-typisch: Ball sichern, Gegner zermürben, präzise zuschlagen. Einmal Doppelpass Garcia und Poku – zack, 1:0. Einmal Grimaldo-Flanke auf Tapsoba – bumm, 2:0. Wenn Tore so leicht aussehen, weißt du: Die Mannschaft ist im Flow.

Apropos Flow – was Ernest Poku da gerade Woche für Woche abzieht, ist ein kleines Fußballmärchen. Drei Tore in vier Spielen, und das nicht irgendwie, sondern mit Tempo, Spielwitz und Abschlussqualität. Während wir uns noch über seine Entwicklung freuen, ist der Junge auf dem besten Weg, ein fester Bestandteil unserer Offensive zu werden. Und Garcia? Der hat inzwischen vermutlich einen Kompass im Fuß. Der Spanier spielt Pässe, bei denen selbst Google Maps nachfragen würde, wie er das gemacht hat.

Garcia ist mittlerweile so zentral im Bayer-Spiel, dass man sich fragt, wie wir überhaupt ohne ihn ausgekommen sind. Rhythmus, Übersicht, Spielintelligenz – der Typ hat das komplette Ballbesitzspiel auf CD gebrannt und spielt’s jetzt in Dauerschleife ab. Dass Tapsoba nach dem Spiel zu Co-Trainer Meijer rannte, um seinen Kopfballjubel zu teilen, zeigt übrigens auch: In der Mannschaft stimmt’s. Da wird nicht nur gut gespielt – da wird auch gut gearbeitet.

Freiburg? Ehrlich gesagt: Hatten keine Chance. Klar, Anfangsphase okay, aber nach dem 1:0 wurde’s ein Nachmittag zum Vergessen für die Breisgauer. Selbst in Überzahl hätten sie vermutlich keinen Fuß mehr auf den Rasen bekommen – dumm nur, dass sie ab der 74. in Unterzahl waren. Lienhart musste nach einem Foul an Maza mit Gelb-Rot runter, und das war’s dann endgültig mit jeder Freiburger Hoffnung.

Und dann war da noch: das Schick-Comeback. Über vier Wochen verletzt, jetzt zurück auf dem Platz – noch nicht entscheidend, aber allein sein Name auf dem Spielberichtsbogen fühlt sich gut an. Wenn er wieder voll fit ist, kann's ganz schnell wieder klingeln.

Unterm Strich: souverän, abgezockt, reif. Das war nicht spektakulär, aber extrem erwachsen. Und das Beste daran: Es kommt genau zur richtigen Zeit. Denn jetzt geht’s im Pokal nach Paderborn – und danach zu den Bayern. Aber mit dieser Werkself? Da ist alles möglich. Nein, wir sind nicht übermütig. Wir sind nur optimistisch. Und das darf man als Fan ja wohl mal sein.

Mittwoch, 22. Oktober 2025

Paris hat uns den Stecker gezogen

Es gibt Niederlagen, die tun weh – und dann gibt es ein 2:7 gegen Paris Saint-Germain. So ein Abend, an dem du dir als Bayer-Fan irgendwann wünschst, der Schiedsrichter würde einfach mal Gnade vor Nachspielzeit walten lassen. Das Ergebnis liest sich schlimmer, als es in Teilen war – aber es war auch genau so schlimm, wie es sich liest. Ein gebrauchter Abend, der nüchtern zeigt, dass zwischen „auf dem Weg“ und „auf Augenhöhe“ im europäischen Fußball noch ein weiter Weg liegt.

Natürlich, PSG ist ein Monster. Titelverteidiger, mit Spielern, die wahrscheinlich schon in der Jugend den Ball lieber als ihre Hausaufgaben hatten. Aber das erklärt nicht alles. Denn nach dem ordentlichen Start, der vergebenen Elferchance und dem zwischenzeitlichen 1:1 hatte die Werkself nicht nur den Anschluss, sondern auch komplett die Ordnung verloren. Drei Gegentore in sechs Minuten – das ist keine individuelle Klasse des Gegners mehr, das ist kollektives Wegnicken. So eine Phase darf dir international einfach nicht passieren, auch nicht mit einem Mann weniger.

Hjulmand spricht von „Entwicklung“ und „Aufbau“ – völlig richtig. Aber Entwicklung funktioniert nur, wenn man die Baustellen auch wirklich als solche erkennt. Defensiv hat Bayer 04 in diesem Spiel alles vermissen lassen, was in Mainz zuletzt noch funktionierte: Kompaktheit, Zweikampfstärke, Balance. Und wenn dann auch noch die Nerven flattern, kommt eben so ein Ergebnis zustande, das selbst in der Champions League eher selten ist.

Die rote Karte gegen Andrich war sicher unglücklich, aber auch ein Spiegelbild des Abends: zu spät, zu hektisch, zu viel Aktionismus. Paris hat das gnadenlos ausgenutzt. Jeder Fehler wurde bestraft, jeder Ballverlust zur Einladung. Dass Garcia mit zwei schönen Treffern wenigstens etwas Ergebniskosmetik betrieb, ist löblich – aber es ändert nichts am Kernproblem: Wir waren nicht konkurrenzfähig.

Und ja, die Fans waren großartig. Laut, treu, fast schon rührend in ihrer Geduld. Aber irgendwann müssen wir uns als Fanbasis auch ehrlich fragen, ob wir uns mit „Aufbauprozess“ und „Schritten in die richtige Richtung“ zu lange zufriedengeben. Diese Mannschaft hat Qualität, keine Frage. Aber sie hat auch das Talent, in großen Spielen zu naiv zu wirken. Und wenn man international wirklich dazugehören will, reicht es eben nicht, mutig zu sein – man muss auch clever sein.

Das Gute ist: Die Saison ist lang, die Chance zur Korrektur kommt schnell. Freiburg in der Liga, Paderborn im Pokal – das sind genau die Spiele, in denen man zeigen kann, dass man aus so einem Schlag gelernt hat. Aber dafür muss die Mannschaft den Stolz wiederfinden, den sie gegen Paris irgendwo zwischen der 40. und 45. Minute verloren hat.

Ein 2:7 kann man abhaken. Aber man sollte es nicht kleinreden. Denn wer die Champions League spielen will, muss auch Champions-League-Momente aushalten – die bitteren wie die schönen. Und dieser war bitter. Richtig bitter. Doch wenn wir ehrlich sind: Solche Abende zeigen, ob der Weg wirklich nach oben führt – oder ob wir uns nur im Kreis drehen.

Sonntag, 19. Oktober 2025

Terrier, Tore, Trubel: Warum Mainz uns nicht stoppen konnte – auch nicht mit drei Buden

Na bitte, geht doch! Wer gedacht hat, dass Bayer 04 nach dem Pflichtsieg gegen Union langsam wieder in den gemütlichen Verwaltungsmodus schaltet, der wurde in Mainz ziemlich schnell eines Besseren belehrt. Oder besser gesagt: überrollt. Nicht nur vom eigenen Puls nach 90 wilden Minuten, sondern auch von einer Werkself, die aktuell Fußball spielt wie früher nur auf der PlayStation – mit Cheatcodes. Ein 4:3, das auf dem Papier vielleicht nach Wackelsieg klingt, war in Wirklichkeit das neueste Kapitel im schwarz-roten Buch der „kontrollierten Offensive mit gelegentlichem Wahnsinn“.

Aber fangen wir von vorn an. Denn dieses Spiel hatte alles, was ein Bayer-Fanherz höher schlagen lässt: frühe Führung, Zauber-Kombinationen, einen Franzosen mit Comeback-Gen, einen Grimaldo im Duracell-Modus – und am Ende das, was zählt: drei Punkte im Rucksack und Mainz um eine Heimparty gebracht.

Natürlich war es nicht einfach. Mainz hatte Lust, Bälle, Beine – und leider auch ein paar Tore. Aber in Wahrheit war das ein Spiel, das Bayer in seiner aktuellen Verfassung gar nicht mehr verlieren kann. Klar, in der Schlussphase war’s etwas wild, als die 05er nochmal mit dem Mut der Verzweiflung anrannten, aber spätestens als Martin Terrier nach neun Monaten Verletzungspause (!) bei seinem ersten Ballkontakt fast aus Prinzip das Netz zappeln ließ, war klar: Diese Mannschaft hat gerade einfach zu viel Qualität, zu viel Selbstvertrauen – und, man muss es sagen, auch ein bisschen zu viel Spaß am Toreschießen.

Terriers Comeback war natürlich das emotionale Sahnehäubchen – und wie er da nach seinem Tor zur Bank stürmt, das ganze Team umarmt, wahrscheinlich noch kurz mit dem Physio „Merci“ flüstert… da wurde’s sogar dem kritischsten Leverkusener warm ums Herz. Man muss kein Hobby-Psychologe sein, um zu sehen, was da gerade im Team wächst. Das wirkt alles wie ein einziger Mannschaftskuschelkurs mit Champions-League-Ambitionen.

Ach, und apropos Champions League: Bevor wir uns jetzt zu sehr auf den Sofa-Sieg gegen Freiburg freuen, kommt am Dienstag mal eben Paris Saint-Germain vorbei. Die sollen ja auch ganz passabel kicken können. Aber ehrlich gesagt – mit dieser Werkself? Warum nicht auch da was holen? Solange Grimaldo weiterhin mehr Kilometer läuft als der Bus der Auswärtsfahrer und Kofane Tore sammelt wie Panini-Sticker, ist doch alles möglich. Und hey: wenn Hofmann jetzt auch wieder richtig dabei ist und Andrich still und heimlich Bundesliga-Auswärtsrekorde knackt wie andere Leute Kronkorken, dann wächst da gerade etwas zusammen, das man schon fast ungern ausspricht: ein richtig reifes Team.

Das Wort „Meisterschaft“ geht uns natürlich nach wie vor schwer über die Lippen. Nicht wegen fehlender Qualität – sondern weil wir auf niemalsmeister.de nun mal wissen, dass Demut zum Fan-Dasein gehört wie die Stadionwurst zur Halbzeit. Aber: Wenn man ehrlich ist, dann fühlt sich das gerade so an, als würde die Werkself Woche für Woche ein bisschen mehr beweisen, dass sie das mit der Tabellenoberkante doch ziemlich ernst meint.

Also ja, Mainz war nervenaufreibend, turbulent, stellenweise etwas vogelwild. Aber unterm Strich bleibt: Wir haben wieder gewonnen. Auswärts. Mit einem zurückgekehrten Terrier, einem Grimaldo im Dauerflug und einem Kofane, der scheinbar vergessen hat, dass er eigentlich noch zur Schule gehen müsste.

Und ganz nebenbei schreiben wir weiter an dieser Rekordserie ohne Auswärtsniederlage – 37 Spiele jetzt. Vielleicht wird’s Zeit, dass wir anfangen, auswärts einfach mal ein Banner aufzuhängen: „Willkommen bei Bayer 04 – Bitte keine Hoffnungen machen.“

In diesem Sinne: PSG, wir sind bereit. Nur vielleicht diesmal bitte ohne Herzinfarkt in der 90. Minute, okay?

Sonntag, 5. Oktober 2025

Berliner Mauer? Heute nicht

Manchmal wünscht man sich ja, man könnte den Fernseher anmachen und sich sagen: *So, jetzt schau ich mir ein bisschen gepflegtes Bayer-Fußball-Ballett an, entspanne mit 74 Prozent Ballbesitz und gönne mir zwei schöne Tore, während die Berliner auf dem Platz ein bisschen „Stadtführung durch den eigenen Strafraum“ bekommen.* Und genau so ein Abend war das beim 2:0 gegen Union Berlin. Schön für uns. Nicht so schön für die Gäste aus Köpenick, die sich vermutlich irgendwo zwischen Aleix Garcias Passmaschine und Poku-Kofane-Kombinationsfreude den Weg aus der BayArena heraus erst mal auf Google Maps suchen mussten.

Als Fan ist man ja vorsichtig. Besonders in Leverkusen. Man hat schon zu viel gesehen. Aber: Was diese Mannschaft unter Kasper Hjulmand da Woche für Woche auf den Rasen bringt, ist nicht nur strukturiert und stabil – das hat langsam auch was von einer gut geölten Fußball-Oper mit Bass-Bariton-Tillman, Dirigent Garcia und einem Sturmduett aus Poku und Kofane. Das Selbstvertrauen wächst, die Automatismen greifen, und langsam hat man das Gefühl, dass hier etwas ziemlich Großes entsteht. Und das ohne große Theatralik oder Show – einfach solide Arbeit mit einem Hauch Magie.

Ernest Poku scheint ohnehin nicht zu wissen, dass man als junger Spieler in der Bundesliga erstmal nervös sein müsste. Der Junge trifft einfach. Zweites Tor im zweiten Spiel? Kein Problem. Und Christian Kofane, der in der ersten Halbzeit noch Bälle festmacht wie ein Schrank in der IKEA-Ausstellung, nutzt nach der Pause mal eben einen Rönnow-Fehlpass zum 2:0. Clever? Und wie. Ein bisschen Straßenfußball-Instinkt, ein bisschen Pressing-Schule Hjulmand, und fertig ist das Bundesliga-Debüttor.

Was wirklich auffällt: Diese Mannschaft ist nicht mehr dieselbe, die wir in den letzten Jahren öfter mal mit versteinertem Blick haben Ein-Tor-Führungen verteidigen sehen – oder eben nicht verteidigen. Dieses Team spielt weiter, denkt nicht ans Absichern, sondern ans Aufdrehen. Da wird gepresst, kombiniert, gelaufen. Und ja: Da wird gelächelt. Die Spieler, die eingewechselt werden, bringen Schwung statt Sorgen. Maza mit Power, Arthur mit Übersicht, Hofmann mit dem Willen. Selbst Belocian durfte nach fast 300 Tagen Pause noch ein paar Minuten Frischluft schnuppern und helfen, den Deckel draufzusetzen. Das ist nicht nur Teamgeist, das ist Luxus – und zwar der gute, mit Schmiedekunst und Werkbank statt Rolex und Golfplatz.

Und dann war da natürlich noch die Statistik-Keule: 74 Prozent Ballbesitz, 92 Prozent Passquote, Aleix Garcia mit *153 erfolgreichen Pässen* – also mehr, als Union teilweise Ballkontakte hatte. Ich meine, man kann so ein Spiel dominieren, klar. Oder man macht’s halt wie Bayer 04 und spielt einfach eine Stunde lang „Ballbesitz-Monopoly“ mit dem Gegner, bei dem der andere nie über Los kommt.

Ach ja, und an der Zweikampf-Front ist man auch weiter Liga-Primus. Danke, Jarell Quansah – 71 gewonnene Duelle sind eine Ansage. Wer an dem vorbei will, braucht entweder eine Drehleiter oder sehr viel Glück. Oder beides.

Dass Grimaldo und Vázquez zur Pause raus mussten, war schade, aber wie beruhigend ist es bitte, wenn man bei einem Ausfall denkt: *Na gut, dann kommt halt Arthur oder Maza rein.* Früher hätte man bei solchen Auswechslungen in der Halbzeit noch prophylaktisch den Puls gemessen. Heute klopft man sich als Fan seelenruhig das Kissen zurecht und denkt: *Wird schon.*

Also ja – gegen Union Berlin war das bisher der souveränste Auftritt der Saison. Nicht weil es ein Feuerwerk war, sondern weil man den Gegner einfach kontrolliert, zermürbt und zum Schluss noch freundlich zur Ausfahrt begleitet hat. Ohne Drama, ohne Zittern, aber mit viel Klasse. Und das vor ausverkauftem Haus, mit 30.210 Menschen, die lauter waren als jede Trompete in der Fankurve von Union.

Die nächsten Gegner dürfen sich warm anziehen. Und wir? Wir gönnen uns eine Länderspielpause mit einem breiten Grinsen im Gesicht und einem klaren Gedanken im Kopf: Diese Mannschaft will nicht nur mitspielen – die will was reißen.

Und wer weiß? Vielleicht wird die Saison 2025/26 ja die, in der wir das Wort „Niemalsmeister“ irgendwann mit einem Augenzwinkern schreiben. Noch ist es zu früh, klar. Aber: Vertrauen wächst. Und wie.

Donnerstag, 2. Oktober 2025

Unentschieden deluxe – Wenn die Werkself auf holländische Gemütlichkeit trifft

Na bravo. Zweites Champions-League-Spiel, zweites Remis – Leverkusen bleibt also auch 2025/26 in der Königsklasse seiner Spezialdisziplin treu: Gut spielen, schön kombinieren, alles im Griff haben – und am Ende trotzdem nur einen Punkt mitnehmen. Man möchte fast glauben, es stecke System dahinter. Gegen PSV Eindhoven war es wieder ein Spiel, das alle Zutaten eines großen europäischen Abends hatte: Flutlicht, Spannung, Latte, Lamentieren. Nur das Sahnehäubchen, der verdiente Sieg, der blieb irgendwo zwischen Kofanes Jubel und Saibaris Ausgleich stecken.

Dabei begann alles mit einem kurzen Schrecken: Ivan Perisic, der Fußball-Dauerbrenner mit der ewigen Bundesliga-Vergangenheit, köpfte den Ball nach fünf Minuten ins Netz – und zum Glück ins Abseits. Danach war eigentlich alles angerichtet für eine souveräne Leverkusener Vorstellung. Die Jungs spielten, als hätte Hjulmand ihnen die Spielfreude intravenös verabreicht. Grimaldo drosch einen Ball an die Latte, Poku tanzte die PSV-Abwehr wie auf einem Rave in Eindhoven aus, und Garcia schoss aus der Distanz, als hätte er den Ball persönlich beleidigt. Nur eben: kein Tor.

Das änderte sich in der 65. Minute, als Christian Kofane – jung, schnell, unverschämt cool – einfach mal PSV-Verteidiger Obispo auf den falschen Fuß erwischte und zur Führung einschob. Mit 19 Jahren und 67 Tagen der jüngste Leverkusener Torschütze in der Champions-League-Geschichte. Man hätte ihm am liebsten sofort einen eigenen Wikipedia-Artikel geschrieben. Leider hielt der historische Moment nur bis Minute 72, als Saibari den Spielstand wieder egalisierte. Und da war’s wieder, dieses typische Leverkusener Gefühl: Man weiß genau, dass das Team alles richtig macht, aber das Fußballuniversum trotzdem schulterzuckend ein „Nö“ zurückgibt.

Natürlich war es kein schlechtes Spiel – im Gegenteil. Diese Mannschaft spielt unter Hjulmand weiterhin Fußball, den man sich gern anschaut, und zwar selbst dann, wenn die Nachbarn schon im Bett sind. Tempo, Technik, Teamgeist – das alles stimmt. Nur die berühmte „letzte Konsequenz“, von der der Coach nach Abpfiff sprach, blieb eben wieder irgendwo im Sechzehner liegen, wahrscheinlich direkt neben dem Schienbeinschoner von Tillman.

Was man aber wirklich hervorheben muss: Diese jungen Wilden! Poku, Kofane, Tape – das klingt fast wie eine neue Boyband aus dem Rheinland, und sie spielen mit einer Begeisterung, die ansteckend ist. Wenn die weiter so auftreten, muss man sich um die Zukunft keine Sorgen machen. Tape musste zwar verletzt runter, aber bis dahin zeigte er, warum man ihm zutraut, langfristig eine Säule in der Dreierkette zu werden. Und Kofane? Der Junge hat so abgeklärt getroffen, als wäre er schon seit Jahren Stammkraft – und nicht gerade erst in die Königsklasse hineingeschlüpft.

Am Ende bleibt also ein 1:1, das sich irgendwie nach Sieg anfühlt – zumindest bis man auf die Tabelle schaut. Aber hey, ungeschlagen ist ungeschlagen, und die Werkself bleibt damit auch im achten Duell mit niederländischen Teams ohne Niederlage. Kleine Trostpflaster sind auch Pflaster.

Jetzt also Union Berlin. Klingt nach weniger Glanz, aber nach mehr Grätschen – und vielleicht ja nach dem passenden Ort, um das Torekonto mal ordentlich aufzufüllen. Denn eines ist klar: Diese Mannschaft hat mehr verdient als zwei Unentschieden. Wenn sie bald wieder so spielt wie gegen Eindhoven, nur mit einem Quäntchen mehr Konsequenz, dann braucht man sich in Leverkusen keine Sorgen machen – höchstens um den Herzschlag in der 90. Minute.

Bis dahin gilt: Wir sind nicht Meister, aber immerhin unterhaltsam. Und das ist in Leverkusen ja fast schon Tradition.

Sonntag, 28. September 2025

St. Pauli, Schampus und ein Joker mit Tor-Instinkt – Auswärtssieg mit Hafenblick

Manchmal ist Fußball wie ein Hafenkrimi – und das Spiel am Millerntor war genau so ein Fall: windig, wild, ein bisschen unberechenbar, aber am Ende sind wir als Bayer-Fans mit einem Grinsen und drei Punkten aus dem Schmuddelwetter spaziert. 2:1 gegen den FC St. Pauli – klingt nüchtern, war aber ein fein gewürztes Stück Bundesliga-Haftnotiz: Mit viel Kampf, einem Grimaldo-Zauberfreistoß und einem Joker, der in der gleichen Zeit trifft, wie andere noch ihren Schienbeinschoner richten.

Die Reise nach Hamburg war für Bayer 04 also keine Kaffeefahrt, sondern eher so eine rustikale Butterfahrt mit Schweiß, Blessuren und ein bisschen Chaos im Gepäck – aber das war auch nötig. Denn St. Pauli ist nicht nur Kult, sondern auch unbequem. Die Kiezkicker hatten keinen Bock, uns mit einem netten „Kommt gut wieder heim“ zu verabschieden. Die haben gedrückt, gedrängelt und teilweise auf unsere Defensive eingehämmert wie ein Kapitän auf die Kombüse – Respekt an dieser Stelle.

Aber unsere Werkself? Die hat genau das gemacht, was ein richtig gutes Auswärtsteam tun muss: eiskalt zuschlagen, wenn sich die Gelegenheit bietet – und danach hinten so sicher stehen, als wäre das eigene Tor ein Safe im Tresorraum der Commerzbank. Erst köpft Tapsoba vorne ein und rettet hinten auf der Linie – da kann man als Fan eigentlich nur mit dem Leverkusen-Schal salutieren. Und dann kommt Ernest Poku, kaum auf dem Platz, und versenkt das Ding zum Siegtreffer, als hätte er sein Bundesliga-Debüt vor zehn Jahren gegeben.

Die Presse nennt ihn „Blitz-Joker“. Wir nennen ihn ab sofort: Der mit dem Turbo im Schuh. Was ein Einstand! Und während der eine (Poku) gerade mit seinem ersten Tor auf sich aufmerksam macht, stellt der andere (Andrich) einfach mal einen historischen Rekord ein: 37 Auswärtsspiele in Folge ungeschlagen – das ist nicht nur eine Statistik, das ist eine Lebensleistung. Und das alles mit dieser kompromisslosen Präsenz im Mittelfeld, die ungefähr so subtil ist wie ein Presslufthammer auf einem Fliesenboden.

Was uns als Fans aber mindestens genauso wichtig ist wie Tore und Rekorde: Charakter. Und den hat unsere Truppe in dieser Partie mal wieder klar gezeigt. Das Spiel war nicht immer schön – stellenweise erinnerte das Aufbauspiel eher an einen Ikea-Schrank mit fehlender Anleitung – aber dieser Wille, dieses „Wir lassen uns hier nix nehmen“-Gefühl, das war deutlich spürbar. Hjulmand scheint nicht nur ein Taktikfuchs zu sein, sondern auch jemand, der seine Mannschaft mental auf Linie bringt. Dass wir unter ihm mittlerweile selbst Spiele gewinnen, in denen nicht alles klickt – das ist neu, das ist gut, das ist Bayer 04 anno 2025.

Und ja, Grimaldo hat wieder geliefert. Mit dem linken Fuß so präzise wie ein Schweizer Uhrmacher, spielt er den Ball zu Poku durch den Strafraum wie ein Paketbote mit Navigation im Blut. Dazu übernimmt er mal eben noch die Kapitänsbinde und sorgt dafür, dass auch ohne Andrich nicht das Chaos regiert. Der Mann ist einfach eine Wucht – und das sagt man nicht nur, weil er hübsch flanken kann.

Jetzt stehen wir also mit breiter Brust da, Rekord im Gepäck, Tabellenblick optimistisch, und der Terminkalender läuft heiß. PSV Eindhoven klopft in der Champions League an die Tür und dann kommt Union Berlin nach Leverkusen, wo wir hoffentlich wieder zeigen, dass man nicht nur auswärts ungeschlagen bleiben kann. Aber wenn wir weiter so auftreten – mit Kampf, Cleverness und Joker-Magie – dann ist das alles kein Problem.

Und wer weiß: Vielleicht ist das 2:1 auf St. Pauli ja nicht nur ein weiterer Dreier, sondern ein kleines Kapitel in einem ganz großen Buch, das wir diese Saison schreiben könnten. Inklusive Happy End. Ohne Ikea-Schrank. Aber mit Charakter.

Montag, 22. September 2025

Tabakovic, du Spaßbremse! – Ein fast perfekter Fußballabend in der BayArena

Sonntagabend, Flutlicht, ausverkaufte Hütte, Bier in der Hand – Fußballherz, was willst du mehr? Alles war angerichtet für einen dieser perfekten Abende im Wohnzimmer am Rhein – und ja, bis zur 91. Minute sah auch alles nach einem stimmigen Drehbuch aus. Die Werkself war auf dem besten Weg, den zweiten Heimsieg in Folge einzufahren, neue Gesichter spielten sich warm und ein gewisser Ernest Poku machte auf der rechten Seite mehr Alarm als ein Hubschrauber über dem Neulandpark. Doch dann kam Haris Tabakovic. Ein Mann mit Namen wie aus einem Mafiafilm, der leider nichts anderes tat, als die Stimmung in der BayArena komplett zu ruinieren – mit dem Kopf, ausgerechnet.

Aber fangen wir von vorne an – beziehungsweise irgendwo zwischen Euphorie, Experimentierfreude und einer dänischen Portion Pragmatismus. Denn Kasper Hjulmand scheint langsam nicht nur die Kaffeeküche im Ulrich-Haberland-Stadion zu kennen, sondern auch seine Mannschaft. Zwar fehlten mit Robert Andrich und Exequiel Palacios zwei absolute Maschinen im Mittelfeld, aber mit Aleix Garcia und Malik Tillman entstand eine Doppel-Sechs, die nicht nur gut aussah, sondern auch tatsächlich ganz gut funktionierte. Besonders Tillman zeigte, dass er mehr kann als nur Instagram-Filter und Ballannahmen – er traf auch mal. Ein schönes Tor übrigens, nach Vorlage von Poku, der an diesem Abend den Begriff „Einwechslung“ komplett neu definierte. Der Junge hat Dampf – und Bock. Und das sehen wir Fans ja bekanntlich besonders gerne.

Auch vorne ging mit Patrik Schick wieder einer spazieren, der momentan gefühlt jeden zweiten Ball im Netz unterbringt. Wenn er nicht gerade mit dem Kopf knapp scheitert, wie in Minute neun. Trotzdem: Der tschechische Panzer ist wieder vollgetankt, die Spritzigkeit kommt zurück und man merkt einfach, dass er nicht mehr ständig mit dem Rücken zum Tor spielen muss. Das hilft allen – besonders uns auf der Tribüne, die wir bei jeder Schick-Ballberührung mittlerweile die Luft anhalten, als ginge es um unsere Steuererklärung.

Dann kam der Moment: Poku auf rechts wie ein Mofa auf Speed, flankt rein, Schick rutscht vorbei, aber Tillman ist da. 1:0. Jubel, Bierduschen, Umarmungen mit Fremden – endlich wieder einer dieser emotionalen Momente, wegen denen man sich Woche für Woche diesem Wahnsinn aussetzt.

Und dann… ja. Dann passiert das, was halt irgendwie typisch ist für diese Phase der Saison, in der vieles gut läuft, aber halt noch nicht alles: ein Standard gegen uns. Nachspielzeit. Ecke. Kopfball. Tor. 1:1. Tabakovic, der Partycrasher. Und auf einen Schlag kippte die Stimmung von „Champions-League-Aspirant“ zu „typisch Leverkusen“. Wobei – Moment – nein, das war gar nicht so typisch. Denn anders als in der Vergangenheit war da nicht diese komplette Leere nach dem Ausgleich. Kein kollektives Einbrechen, kein Schulterzucken, kein „Is halt so“. Sondern: Ärger. Wut. Und vor allem: Aufbruchsstimmung.

Denn wer ehrlich ist, muss sagen: Das war spielerisch kein Feuerwerk, aber die Richtung stimmt. Man merkt, wie Hjulmand das Team Schritt für Schritt aufeinander einstellt. Die Abläufe wirken noch nicht wie ein Schweizer Uhrwerk, eher wie ein alter Wecker vom Flohmarkt – aber immerhin: Er tickt. Und zwar nach vorne. Besonders Maza gefällt, nicht nur wegen seines unermüdlichen Laufens, sondern auch, weil er mittlerweile den Eindruck macht, als würde er in diesem Trikot tatsächlich aufblühen. Gleiches gilt für Ben Seghir, der zwar noch nicht alles trifft, aber zeigt, dass er das Potenzial hat, ein echtes Puzzlestück im Leverkusener Mittelfeld-Chaos zu werden.

Und dann wäre da noch Jonas Hofmann. Der Rückkehrer, der bei seiner Einwechslung fast schon standing ovations bekam – für drei Ballkontakte und eine Frisur, die immer noch sitzt. Willkommen zurück, Jonas. Schön, dass du wieder da bist.

Natürlich nervt so ein 1:1 gegen Gladbach. Erst recht, wenn es am Ende ein gefühlter Punktverlust ist. Aber: Die Werkself bleibt ungeschlagen, seit 12 Spielen in der Liga gegen die Fohlen sowieso, und irgendwie fühlt sich das alles trotzdem nach etwas an, das wächst. Wenn auch mit ein paar Rückschlägen. Wie beim Ikea-Regal, bei dem eine Schraube fehlt, aber am Ende steht's trotzdem halbwegs stabil.

Jetzt also Millerntor. Kiez, Krawall, kernige Duelle – aber auch die Chance, den Frust über zwei verlorene Punkte in hanseatischem Nieselregen wegzuspielen. Die Richtung stimmt. Die Mentalität passt. Und die Tabakovic-Momente? Die werden seltener. Hoffen wir.

Und falls nicht: Dann trinken wir halt noch ein Bier mehr. Leverkusen kann eh nichts dafür.

Freitag, 19. September 2025

Grimaldo zirkelt, die Werkself wackelt – und bleibt doch stehen

Also, Champions-League ist ja eigentlich so ein bisschen wie Weihnachten: kommt jedes Jahr wieder, ist immer aufregend, manchmal kalt – und am Ende hängt viel davon ab, was man sich erwartet hat. Und wenn man ehrlich ist, war das 2:2 unserer Werkself beim FC Kopenhagen irgendwie wie ein Geschenk, das auf dem Transportweg ordentlich durchgeschüttelt wurde. Verpackung leicht ramponiert, aber Inhalt heil geblieben. Kann man sich drüber freuen – oder auch erstmal 'nen Schnaps brauchen.

Denn mal ganz ehrlich: Zwei Rückstände in einem Spiel gegen eine dänische Mannschaft, die mit einem Ex-Dortmunder und einem Schweden vorne wirbelt wie ein Thermomix auf Stufe 10? Das war nicht unbedingt der europäische Sahneauftakt, den wir uns nach dem Frankfurt-Sieg erträumt hatten. Aber wir sind ja nicht zum Träumen in der Königsklasse – sondern zum Kämpfen. Und genau das hat die Truppe von Kasper Hjulmand dann in dieser komplett wahnsinnigen Schlussphase auch geliefert.

Wobei…Anfang war ja erstmal eher so meh. Neun Minuten gespielt, Larsson frei vorm Tor, zack – 0:1. Das Stadion Parken hat gebebt, unsere Defensive nicht ganz so. Danach viel Ballbesitz, wenig Durchschlagskraft, also ein bisschen wie ein IKEA-Regal ohne Schrauben: sieht stabil aus, aber am Ende kippt’s beim ersten Windstoß. Zum Glück hat Mark Flekken bei seinem Champions-League-Debüt die Nerven behalten und vor der Pause einen Einschlag von Moukoko verhindert. Gut für ihn – und gut für unseren Puls.

In Hälfte zwei wurde’s dann deutlich munterer. Hjulmand würfelte ein bisschen, brachte unter anderem Ibrahim Maza und Aleix Garcia – und plötzlich roch es ein bisschen nach „Wir wollen hier wirklich was holen“. Ben Seghir streichelt den Ball an den Pfosten, Schick hat eine Halbchance, Echeverri bringt Schwung. Und dann – natürlich – kam wieder dieser Alejandro Grimaldo. Freistoß, rechter Winkel, keine Gnade. Der Mann trifft inzwischen aus 25 Metern so sicher wie andere Leute ihren Netflix-Login. Sechs (!) direkte Freistoßtore seit 2023 – das ist kein Zufall mehr, das ist Waffe.

Aber wer dachte, das war’s mit dem Drama, kennt unsere Werkself nicht. Statt Ruhe nach dem Ausgleich, sticht Kopenhagen wieder zu – 2:1 in der 86. Minute, erneuter Nackenschlag. Man hörte förmlich, wie bei uns Fans kollektiv das Bier aus der Hand fiel. Doch diese Mannschaft, und das muss man ihr lassen, hat ein Herz wie ein Dieselmotor: kommt spät auf Touren, läuft dann aber einfach weiter. 90.+1, Echeverri zieht ab, Hatzidiakos fälscht ab, drin. Eigentor. Ausgleich. Wahnsinn.

Und so nehmen wir aus Kopenhagen nicht nur einen Punkt mit, sondern vor allem eine Erkenntnis: Diese Werkself hat nicht nur neue Namen, neue Systeme und neue Frisuren – sie hat auch Eier. Mentalität, wie man im Fußballerdeutsch so gerne sagt. Da wächst etwas zusammen, was noch nicht perfekt ist, aber Bock macht. Das ist keine glattgebügelte Ballbesitz-Maschine, sondern ein Team, das auch mal Dellen hat – aber sich jedes Mal wieder aufrichtet.

Sechs Champions-League-Debüts, ein Trainer zurück in der Heimat, ein Torwart mit starker Premiere, ein argentinisches Toptalent, das schon aussieht, als hätte er heimlich bei River Plate und auf dem Bolzplatz von Rheindorf gleichzeitig trainiert – dieses Spiel hatte von allem etwas. Nur eben kein Happy End. Oder vielleicht doch: Denn am Ende zählt in dieser Mammut-Gruppenphase der neue Champions-League ja vor allem eins – nicht verlieren. Mission erfüllt.

Jetzt heißt es: Kopf frei kriegen, Schienbeinschoner trocknen lassen, Grimaldo in Watte packen – und Sonntag gegen Gladbach die Borussia mal zeigen, wie man mit Herz, Chaos und Freistoßmagie spielt. Denn eins ist klar: Wenn diese Werkself noch ein bisschen Eingespieltheit sammelt, dann kann Europa sich warm anziehen. Und zwar nicht nur wegen der skandinavischen Temperaturen.

Samstag, 13. September 2025

Grimaldo zündet zweimal die Wunderkerze – und Hjulmand hat Feuer unterm Dänen!

Na gut, liebe Leverkusen-Gemeinde: Wer nach dem Sommer voller Abschiede, Trainerchaos und ten Hag-Taktiktristesse noch dachte, diese Saison würde uns wie ein Kaltgetränk ohne Kohlensäure vorkommen, der wurde am Freitagabend eines besseren belehrt – mit Karacho, Knall und gleich zwei direkt verwandelten Freistößen, die einem die Fußnägel aufrollten. Bayer 04 gewinnt sein erstes Heimspiel unter Neu-Trainer Kasper Hjulmand mit 3:1 gegen Eintracht Frankfurt – und das in doppelter Unterzahl. Ja, doppelter! Wir hatten weniger Feldspieler als die FDP Wähler.

Aber von Anfang an. Freitagabend, Flutlicht, Bier in der Hand, die Nordkurve hungrig. Kasper Hjulmand steht das erste Mal offiziell an der Seitenlinie. Noch nicht lang im Amt, aber direkt mit dem Taktstock in der Hand, als würde er die Bayer-Philharmoniker dirigieren. Was folgte, war weniger Mozart, mehr Metallica – laut, wild, dreckig, aber absolut geil.

Alejandro Grimaldo – dieser Mann ist inzwischen mehr Künstler als Außenverteidiger. Der erste Freistoß? Gemalt. Der zweite? Noch schöner. Wir reden hier nicht von Glück, wir reden von einem Typen, der die Physik einfach ignoriert und sich stattdessen an seine eigene Naturgesetze hält. Sechs direkt verwandelte Freistöße seit seinem Wechsel zu uns – Grimaldo ist mittlerweile mehr Gefahr vom ruhenden Ball als manche Stürmer aus dem Spiel heraus. Die Mauer der Eintracht? Mehr dekoratives Element als Abwehrmaßnahme. Spätestens beim zweiten Ding in der 99. Minute (ja, die gab's wirklich!) war klar: Wir haben den besten Linksfuß der Liga. Vielleicht auch Europas. Und das ohne Übertreibung, ausnahmsweise.

Doch das war nicht nur ein Grimaldo-Fest, das war ein Charakterspiel – und zwar eins mit dem ganzen Sortiment. Früh verletzt sich Palacios, dann Andrich mit Gelb-Rot runter, später auch noch Fernández mit Gelb-Rot vom Platz geschickt. Die Werkself nur noch zu neunt, und trotzdem hat man nie das Gefühl, dass hier was kippen könnte. Hinten stand der neue Mann Badé mit einer Selbstverständlichkeit, als wäre er seit zehn Jahren bei uns. Daneben Tapsoba, der ab Minute 60 plötzlich wie ein Kapitän auftrat – irgendwer musste ja die Verantwortung übernehmen. Und vorne? Patrik Schick mal wieder eiskalt vom Punkt, wie ein tschechischer Versicherungsvertreter. Macht den Deckel in Hälfte eins drauf. Der Mann hat jetzt 15 Bundesliga-Tore in 2025 – lasst den ruhig weiter schießen, auch wenn er aussieht, als würde er sich im Schlaf verletzen.

Und dann war da noch die Trainer-Premiere. Hjulmand, dieser sympathische Däne, wirkt wie der Onkel, der beim Familienfest nicht viel redet, aber plötzlich alle beim Schachturnier schlägt. Klarer Plan, ruhiges Auftreten, null Drama. Nach Monaten der konfusen Aufstellungen und Alibi-Pressekonferenzen ist das wie ein Besuch in der Sauna nach drei Tagen Campingplatz: befreiend. Man hatte das Gefühl, die Spieler wussten wieder, was sie tun. Auch in Unterzahl. Auch in doppelter Unterzahl. Auch in Minute 90+9, als man eigentlich nur noch gehofft hat, dass Aytekin pfeift und nicht noch jemandem einfällt, den Ball mit der Hand auf der Linie zu klären.

Frankfurt? War da. Hatte den Ball. Aber am Ende war’s wie so oft mit Gegnern, die meinen, sie könnten mit Spielkontrolle gegen Leverkusen was reißen: viel Wind, wenig Ertrag. Und ganz ehrlich – so ein bisschen Schadenfreude gehört dann auch dazu. Wenn du neun Mann auf dem Platz hast und trotzdem noch einen Freistoß verwandelst, während die Eintracht sich gegenseitig anmeckert, dann weißt du: Diese Mannschaft ist nicht nur gut. Sie hat auch Eier aus Titan.

Der Sieg tut nicht nur wegen der drei Punkte gut – sondern weil er nach diesen chaotischen Wochen zeigt: Hier wächst was zusammen. Mit neuer Struktur, neuen Gesichtern und einem neuen Trainer, der offenbar nicht nur bei Wind gut aussieht. Nächste Station: Champions League in Kopenhagen. Und ja, es wäre ganz schön poetisch, wenn unser dänischer Chef dort gleich mal seinen Landsleuten zeigt, was er aus dem Bayer-Kader rausholt – mit weniger Starpower als im letzten Jahr, aber mit mehr Herz, mehr Struktur und Grimaldo, der inzwischen vermutlich mit einem Kompass schießen kann.

Fazit: Bayer 04 lebt. Und wie.

Dienstag, 2. September 2025

Trainerbeben in Leverkusen – warum der Rausschmiss unausweichlich war

Zwei Spiele, ein Punkt, ein Chaos – und schon ist Erik ten Hag Geschichte. Wer Bayer 04 kennt, weiß: Wir erfinden uns gerne neu, manchmal sogar schneller, als man „Meistertrainer“ sagen kann. Und trotzdem: So sehr ich anfangs über den frühen Rausschmiss geschimpft hätte, so klar ist es jetzt, dass er wohl unumgänglich war.

Die Auftritte in Hoffenheim und Bremen waren nicht einfach nur schwach, sie waren beunruhigend. Keine Struktur, keine Einheit, kein Plan, der erkennbar war. Statt einer Werkself, die an alte Stärke anknüpfen wollte, stand da eine Truppe, die wirr über den Platz stolperte. Kapitän Andrich brachte es nach dem 3:3 auf den Punkt: „Jeder hat für sich gespielt.“ Das klingt nicht nach Übergangsphase, das klingt nach Bruch. Und so etwas kann sich ein Klub mit Bayer-Anspruch eben nicht leisten – erst recht nicht nach dem größten Umbruch der Vereinsgeschichte.

Das eigentlich Bemerkenswerte: Simon Rolfes stellte sich sofort hin, nahm die Verantwortung auf seine Kappe und gab zu, dass die Verpflichtung von ten Hag ein Fehler war. Diese Ehrlichkeit hat Seltenheitswert im Geschäft – und macht Rolfes gerade in der Krise sympathischer. Kein Schönreden, kein Wegducken, sondern klare Worte. Genau das, was man von einem Sportchef erwartet, wenn’s mal nicht läuft.

Ja, es ist bitter. Ja, es fühlt sich verrückt an, nach zwei Spielen schon wieder auf Trainersuche zu sein. Aber wer die Bilder in Bremen gesehen hat, weiß: Das wäre nicht gut gegangen. Also lieber jetzt die Reißleine ziehen, als in ein paar Monaten den Anschluss an alle Ziele zu verlieren.

Und wir? Wir sind wieder mittendrin in diesem ewigen Bayer-Widerspruch: zu klug, um naiv zu sein, und zu chaotisch, um es jemals einfach zu haben. Aber mal ehrlich – genau deswegen lieben wir diesen Klub doch.

Samstag, 30. August 2025

Wie man in Überzahl in Bremen zwei Punkte liegen lässt

Es gibt Fußballspiele, bei denen du nach 90 Minuten dasitzt, in dein alkoholfreies (ja, ehrlich!) Bier starrst und dich fragst: Was zur Hölle ist da gerade passiert? Willkommen in Bremen. Willkommen in der Bundesliga-Saison 2025/26. Willkommen bei Bayer 04 Leverkusen, dem Klub, der sogar in Überzahl in der Nachspielzeit noch für Herzrhythmusstörungen sorgt.

Dabei fing alles so herrlich an. Nathan Tella, frisch getankt mit nordrhein-westfälischem Kerosin, pflügte durch Bremens Abwehr wie ein Freisteller durch Photoshop. Pass zurück auf Schick, der sich nicht zweimal bitten ließ – zack, 1:0. Fünfte Minute. Werder noch in der Aufwärmphase. Schöner Start, dachten wir Fans. Endlich ein Zeichen nach der Auftaktpleite gegen Hoffenheim.

Doch weil wir Leverkusener sind, wissen wir: Kein Spiel ohne Drama. Und weil der Fußballgott ein bekanntes Faible für hanseatische Last-Minute-Wahnsinnspartien hat, ahnten wir: Das hier wird kein ruhiger Ausflug an die Weser.

Zunächst aber ging’s ganz in Ordnung weiter. Malik Tillman – gerade frisch im Bayer-Dress – jonglierte sich bei seinem Debüttor durch den Bremer Strafraum, als hätte er auf dem Kirmesplatz vor der BayArena seine Ausbildung gemacht. Brust, Schulter, Volley – Tor. 2:0. Da schien das Spiel in trockenen Tupperdosen.

Doch dann kam der Elfmeter. Natürlich. Tape in einer Mischung aus Eifer, Naivität und VAR-Glückslos rutschte in den Gegner, der dankend annahm. Bremen verwandelte eiskalt. Pause. Unruhe im Fanblock, aber noch keine Panik. Wir kennen das.

Und wieder ging’s stark los: Schick verwandelte seinen zweiten Elfer des Tages so locker, als wär’s ein Trainingsspiel. Bremen nur noch zu zehnt, Bayer 04 mit Rückenwind und Ballkontrolle. Eigentlich alles angerichtet für den ersten Saisonsieg. Eigentlich.

Aber dann kam der Klassiker: Wenn man denkt, man hat alles im Griff, macht man halt hinten auf einmal wieder auf. Flekken mit der Orientierung eines Kölner Karnevalswagens im Schneegestöber, Schmidt nutzt’s eiskalt – 3:2. Und während wir noch diskutierten, ob es wirklich ein Rückpass war oder Flekken einfach mal den “Abenteuer-Button” gedrückt hatte, drückte Bremen wieder. Und dann – na klar – 90.+4. Coulibaly. Der Junge, der vorher das 0:1 eingeleitet hatte, steht goldrichtig und macht das 3:3. Karma in seiner spektakulärsten Form.

Was bleibt? Ein Spiel, das Bayer 04 zweimal klar geführt hat – und am Ende nur einen Punkt mitnimmt. Und das nicht, weil Werder so unfassbar überragend war. Sondern weil wir es einmal mehr selbst aus der Hand gegeben haben. Spielkontrolle? Ja. Chancenverwertung? Ordentlich. Konzentration in den entscheidenden Momenten? Naja, siehe Spielminute 90.+4.

Vielleicht ist das symptomatisch für diesen Sommer unter dem Bayer-Kreuz. Kader im Umbau, System in Entwicklung, Spieler kommen, Spieler gehen, Schick trifft wieder, Tillman zündet – aber irgendwie fehlt der letzte Punch, die Abgezocktheit, die Ruhe in der Crunch Time. Und das, obwohl Erik ten Hag genau dafür geholt wurde. Vielleicht muss er seinen Jungs demnächst einfach mal erzählen, dass ein Spiel nach dem 3:1 nicht automatisch gewonnen ist – erst recht nicht, wenn du auswärts in Bremen bist und der Gegner ausgerechnet Coulibaly heißt.

Aber hey: Immerhin ist Bayer auch im 35. Auswärtsspiel in Folge ungeschlagen geblieben. Wenn das mal nicht nach Rekord riecht! Leider fühlt es sich trotzdem mehr wie ein Punktverlust als wie ein Punktgewinn an. Und zwar so sehr, dass man fast hoffen möchte, dass die Länderspielpause ein bisschen Ruhe reinbringt – in die Mannschaft, in den Kopf und in unsere vielgeplagte Bayer-Seele.

Am 12. September 2025 kommt Frankfurt. Zuhause. Flutlicht. BayArena. Es wäre ein guter Zeitpunkt, um mit der Saison wirklich zu beginnen. Und diesmal dann bitte mit einem Sieg.

Samstag, 23. August 2025

Erik tan Hakt – Saisonstart mit Stolperdraht

Na bravo, kaum hat die neue Bundesliga-Saison angefangen, liegen wir Leverkusener schon wieder am Boden. 1:2 gegen Hoffenheim, zu Hause in der BayArena, und das ausgerechnet beim Debüt unseres neuen Trainers Erik ten Hag. Da träumt man wochenlang vom glorreichen Neuanfang, von kontrolliertem Ballbesitzfußball à la Amsterdam und Manchester, und am Ende sieht man: Hoffenheim spielt die bessere Geige – und wir klimpern auf der Blockflöte rum.

Dabei fing das Ganze doch so schön an: Sechste Minute, Grimaldo packt seinen linken Zauberfuß aus, und der Neuzugang Quansah nickt sein erstes Bundesliga-Tor rein. BayArena am Beben, Fan-Herzen am Glühen – da dachte man schon: „Jawoll, die Ära ten Hag startet wie eine Rakete!“ Tja, leider stellte sich raus: Es war eher so ein Silvesterböller, der nach dem Anzünden nur qualmt und dann jämmerlich verpufft.

Denn Hoffenheim machte das, was man eigentlich von uns erwartet hatte: mutig, spielerisch ordentlich, und wenn’s drauf ankommt, eiskalt. Erst Asllani mit dem Ausgleich, dann Lemperle mit dem Führungstor – beide mit Debüt-Treffern. Klar, bei uns darf jeder gerne mal Geschichte schreiben, nur eben leider meistens die Gegner.

Und was machten unsere Jungs? Versuchten es mit Geduld, Standards und Distanzschüssen. Also ungefähr so, als würde man beim Ikea-Regal-Schrauben hoffen, dass die Schrauben sich irgendwann aus Mitleid von selbst eindrehen. Einmal kam Tella noch gefährlich vors Tor, aber statt dem Netz traf er nur das Außennetz – sinnbildlich, oder?

Natürlich: das alles ist erst Spieltag eins. Niemand steigt nach einer Auftaktniederlage ab, auch wenn man das als Fan nach 90 Minuten im Stadion kurz befürchtet. Aber man merkt eben, dass dieser neue Bayer-Fußball noch nicht ganz klickt. Ten Hag redet von Prozessen, von Geduld, von Arbeit. Klingt alles vernünftig – aber im Fanherz denkt man halt: Warum können die Prozesse nicht einfach mal mit drei Punkten starten?

Die Wahrheit ist: Wir haben eine Mannschaft, die sich gerade neu finden muss. Spieler weg, Spieler da, Boniface mit einem Fuß schon in Mailand – das alles ist noch ein bisschen wie ein Puzzle mit Teilen aus verschiedenen Kartons. Nur eben, dass die Bundesliga keine Geduld hat, bis man das letzte Eckteil gefunden hat.

Jetzt geht’s nach Bremen, und dann kommt Frankfurt. Nicht unbedingt die Gegner, bei denen man sich locker flockig Selbstvertrauen holt. Aber hey – wir sind Bayer 04. Wir können aus jeder Situation entweder eine Tragödie oder ein Fußballmärchen machen. Erfahrungsgemäß entscheiden wir uns meistens für den Mittelweg: Drama pur, und am Ende wird’s irgendwie spannend.

Mein Fazit: Niederlage abhaken, Bier kaltstellen, Geduld üben. Vielleicht war’s nur der klassische „Stolperdraht“ zum Saisonstart – und vielleicht klappt der Raketenstart ja einfach mit ein paar Wochen Verspätung.

Dienstag, 19. August 2025

Bundesliga 2025/26 – die niemalsmeister.de Saisonprognose

Die Bundesliga-Saison 2025/26 startet mit all den Zutaten, die wir lieben und hassen: große Erwartungen, neue Trainer, absurde Transfersummen und die altbekannte Frage, ob am Ende doch wieder Bayern ganz oben steht. Leverkusen wagt mit Erik ten Hag einen echten Neustart, Dortmund hat sich mit Kovac einen Coach geholt, der lieber die Gegner beißt als seine eigenen Spieler, und Stuttgart muss beweisen, dass die letzte Saison kein Betriebsunfall nach oben war. Dazu kommen zwei Aufsteiger, die frisches Chaos bringen, und Abstiegskandidaten, die es sich schon mal auf der Rutschbahn bequem machen. Es wird also wieder eine Saison voller Dramen, Überraschungen und Momente, in denen wir uns fragen: Warum tue ich mir das jedes Jahr wieder an?

Oben hui: Titel und Champions League

1. Bayern München
Die Bayern haben den Titelhunger nie verloren, und auch wenn sie immer wieder verletzungsgeplagt sind, ist die Kaderbreite einfach brutal. Mit neuen Talenten und alter Routine werden sie am Ende wieder vorne stehen – es sei denn, sie erfinden eine interne Krise, wie sie nur die Bayern können.

2. Bayer Leverkusen
Neuer Trainer, halber Kader umgebaut – das riecht eigentlich nach Chaos, doch ten Hag bringt Struktur und einen klaren Plan. Es wird nicht alles rundlaufen, aber die Qualität reicht, um Bayern zumindest lange zu ärgern und am Ende Vizemeister zu werden.

3. Borussia Dortmund
Kovac wird das Team stabiler machen. Die Offensive ist brandgefährlich, aber die Dortmunder finden wie immer Wege, Punkte liegen zu lassen, wo man sie nicht erwartet.

4. Eintracht Frankfurt
Die Eintracht hat sich nach oben gearbeitet und riecht an der Champions League. Mit solider Defensive und cleveren Transfers bleibt man hartnäckig, aber für ganz vorne fehlt ein Quäntchen Konstanz.

Stark, aber nicht Spitze: Europa League & Co.

5. RB Leipzig
Ole Werner bringt frischen Wind, auch wenn er nicht der charismatischste Coach der Liga ist. Leipzig bleibt eine Talentschmiede mit Wucht, nur manchmal fehlt es an Nervenstärke in den entscheidenden Spielen.

6. VfB Stuttgart
Die Schwaben sind eine Wundertüte: an guten Tagen spielt das Team Fußball zum Zungeschnalzen, an schlechten stolpern sie gegen jeden Abstiegskandidaten. Am Ende reicht es locker für Europa, aber nie ohne Herzklopfen.

7. SC Freiburg**
Christian Streich ist schon lange nicht mehr da, aber die Handschrift seines Systems wirkt nach. Freiburg bleibt unangenehm, klug organisiert und für jeden Großen ein Stolperstein – nur der ganz große Wurf bleibt wohl aus.

8. Mainz 05
Die Mainzer haben eine Mannschaft voller unterschätzter Spieler, die zusammen mehr leisten als man ihnen zutraut. Sie etablieren sich im gesicherten Mittelfeld und schielen hin und wieder nach Europa.

Das große Mittelfeld-Mischmasch

9. Borussia Mönchengladbach
Gladbach hat sich stabilisiert, ohne dabei wirklich zu glänzen. Die Fohlen sind schwer auszurechnen, aber das ganz große Potenzial bleibt weiter ungenutzt.

10. Hamburger SV
Der Dino ist zurück und will es allen beweisen. Euphorie und Offensivpower sorgen für einen ordentlichen Start, doch hinten bleibt es wackelig – am Ende ein solider Klassenerhalt mit Komfortzone.

11. 1. FC Köln
Die Rückkehr in die Bundesliga wird emotional gefeiert, doch die Realität holt die Geißböcke schnell ein. Mit Kampfgeist, Fans und einer Portion Glück sichern sie sich ein Mittelfeldticket.

12. Werder Bremen
Werder spielt soliden, aber unspektakulären Fußball. Für oben reicht es nicht, aber der Abstiegskampf bleibt in diesem Jahr auch fern – ein ruhiges Jahr an der Weser.

13. TSG Hoffenheim
Die TSG bleibt zwischen Anspruch und Wirklichkeit gefangen: zu stark für unten, zu schwach für ganz oben. Am Ende wieder Platz Mittelmaß – und die Fans fragen sich, was eigentlich der Plan ist.

14. VfL Wolfsburg
Der Werksklub schwächelt trotz Einzelqualität. Zu viele Leistungsschwankungen, zu wenig Euphorie – Klassenerhalt, aber keine Freude.

15. FC Augsburg
Sandro Wagner sorgt zumindest für Schlagzeilen, wenn nicht immer für Punkte. Mit viel Kratzen und Beißen schaffen sie den Ligaverbleib, doch es ist ein Tanz auf der Rasierklinge.

Unten pfui: Relegation und Abstieg

16. Union Berlin
Nach Jahren der Euphorie ist die Luft raus: zu viele Wechsel, zu wenig Eingespieltheit. Union landet in der Relegation und muss den Klassenerhalt gegen den Zweitligadritten verteidigen.

17. FC St. Pauli
Sympathisch, mutig, aber schlicht zu unerfahren auf Dauer. Die Heimspiele bleiben stimmungsvoll, aber auswärts reicht es zu selten – Abstieg.

18. 1. FC Heidenheim
Die zweite Saison nach dem Wunderaufstieg wird knallhart. Trotz viel Kampf und Teamgeist reicht die Qualität nicht, Heidenheim geht runter.

Samstag, 16. August 2025

Blitz, Platzverweis, Pfützenfußball – Bayer 04 schüttelt sich trocken in Runde zwei

Wer beim Namen SG Sonnenhof Großaspach an beschauliche Dorfidylle, regionalen Wurstsalat und gepflegten Amateurfußball denkt, bekam am Freitagabend die rustikale DFB-Pokal-Version davon serviert – inklusive Gewitterwarnung und einem Rasen, der streckenweise eher an das Planschbecken im Freibad Wiesdorf erinnerte als an einen Fußballplatz. Doch keine Panik: Bayer 04 ist nicht ausgerutscht, sondern hat den obligatorischen Stolperstein souverän übersprungen – auf seine ganz eigene, leicht verschlafene, aber letztlich gnadenlose Art.

Man hätte ja meinen können, dass ein Spiel gegen einen Viertligisten unter sommerlichem Dauerregen vor 8.850 Zuschauern eher zur Pflichtaufgabe mit gedämpfter Erwartung mutiert. Aber Pustekuchen – der Pokal bleibt das, was er immer ist: ein tückisches Gelände. Zumindest in der ersten Halbzeit war unser neu zusammengewürfelter Haufen unter Erik ten Hag noch etwas auf der Suche nach der eigenen Identität – irgendwo zwischen nassen Stutzen, rutschigem Kunstrasenfeeling und dem ersten echten Härtetest des Sommers.

Ein Gewitter unterbrach die Partie schon nach 18 Minuten – und ehrlich gesagt: Das kam gar nicht so ungelegen. Denn bis dahin sahen unsere Jungs eher nach Testspiel-Form als nach Pflichtspiel-Modus aus. Die Großaspacher hielten frech dagegen, hauten sich rein, und unser neues Mittelfeld-Mischmasch tat sich noch schwer, das Zepter in die Hand zu nehmen. Doch dann kam Schick. Kopfball-Schick. Stürmer-Schick. Auf-der-Linie-klärt-Schick. Der Mann für alles in Halbzeit eins. Erst nickt er den Ball sehenswert zur Führung ein, dann klärt er hinten auf der Linie wie ein Weltklasse-Innenverteidiger. Doppelter Schick statt doppelter Boden – das war nötig, denn mit 1:0 in die Pause zu gehen, war eher ein Verdienst der individuellen Klasse als kollektiver Übermacht.

Ten Hag, im feinen Regenjäckchen am Seitenrand, dürfte dennoch zufrieden gewesen sein. Schließlich geht’s in der ersten Pokalrunde nicht ums „Wie“, sondern ums „Ob überhaupt“. Und weil Großaspach sich auch nach der Pause tapfer wehrte, wurde es sogar noch mal haarig. Erst als der Gegner sich selbst dezimierte – einmal Gelb-Rot für den Kapitän, einmal glatt Rot für einen zu motivierten Außenbahn-Rowdy – schaltete die Werkself in den Leverkusen-Modus: Räume, Tempo, Effizienz.

Das 2:0 durch Arthur nach sehenswerter Vorarbeit von Neuzugang Poku war dann die Erlösung, das 3:0 durch Kofane das Geschenk an alle mitgereisten Bayer-Fans (die das Stadion zu einem Viertel in rot-schwarz tauchten), und das 4:0 per Elfer von Grimaldo der Sahnehäubchen-Dank für seine Rückkehr in die Startelf und gleichzeitigen 100. Einsatz. Und weil sogar Axel Tape am Ende beinahe noch getroffen hätte, hätte man fast den Eindruck bekommen können, das hier sei doch ein lockerer Pflichtsieg gewesen.

War’s aber nicht.

Denn die Wahrheit liegt irgendwo zwischen nasser Hose, nervösem Spielaufbau und einem tapferen Viertligisten, der uns eine Dreiviertelstunde lang den Spiegel vorgehalten hat. Da ist noch einiges zu tun – insbesondere im Übergangsspiel und in der Abstimmung zwischen den Neuen und den Etablierten. Aber hey, so ein Pflichtspielauftakt in Gummistiefel-Stimmung war vielleicht genau das, was man brauchte: wachrütteln, eintreten, durchsetzen.

Und weil der Pokal bekanntlich seine eigenen Gesetze hat, schreiben wir uns dieses 4:0 mal mit fettem Edding ins Beruhigungsbuch: Pflicht erfüllt, souverän am Ende, keine Blamage, kein Zittern – weiter geht’s. Jetzt Hoffenheim. In der BayArena. Ohne Unwetter hoffentlich. Aber mit genug Energie, um zu zeigen, dass man nicht nur in Überzahl und mit einem Regenschirm in der Hand gefährlich sein kann.

Auf die nächste Runde, auf die Bundesliga, auf mehr Zusammenspiel und weniger Pfützen! Und vielleicht auch mal ein Spiel, bei dem der größte Gegner nicht aus cumulonimbusartigen Regenwolken besteht. Aber zur Not… wir haben ja Schick.

Freitag, 15. August 2025

Von Samba bis Seitenwechsel – Bayer 04 startet mit Pokal-Laune in die neue Saison

Die Sommerpause ist vorbei, der Urlaub für Spieler und Fans nur noch eine blasse Erinnerung, und in Leverkusen hat sich seitdem einiges getan. Die Saisonvorbereitung verlief wie ein gut geplanter, aber nicht ganz pannenfreier Roadtrip – mit neuen Gesichtern, ungewohnten Ideen und einem Ziel, das klar ist: an die vergangenen Erfolge anzuknüpfen, ohne in Routine zu verfallen. Heute steht das erste Pflichtspiel an – DFB-Pokal in Großaspach – und wie immer liegt vor dem Anpfiff diese Mischung aus Vorfreude, Nervosität und der Frage: „Was passiert, wenn’s schiefgeht?“ Aber wir sind Bayer 04, und wir fahren nicht nach Aspach, um die Landschaft zu genießen. Wir fahren hin, um die neue Saison mit einem klaren Statement zu eröffnen.

Trainer Erik ten Hag hat schon früh deutlich gemacht, dass er kein Freund von Märchenstunden ist. Auf die Frage, ob er Leverkusen quasi mit einem Zauberstab sofort an die Spitze führen könne, sagte er trocken: „Niemand ist wie Harry Potter.“ Und so sympathisch diese Ehrlichkeit ist – sie bringt auch eine gesunde Portion Realismus in eine Mannschaft, die zuletzt in vielen Belangen verwöhnt wurde. Der Niederländer weiß, dass Top-Fußball nicht mit einem Fingerschnipsen entsteht, sondern mit Arbeit, Geduld und dem Mut, neue Wege zu gehen. Diese nüchterne Sicht ist vielleicht nicht so magisch wie ein Last-Minute-Finale, aber sie ist die Basis, um langfristig erfolgreich zu bleiben.

Die Vorbereitung war alles andere als langweilig. Neben den Trainingseinheiten in heimischen Gefilden stand ein Highlight auf dem Programm, das weniger mit Taktik und mehr mit Image zu tun hatte: die Bayer 04 Brazil Tour. Dort traf man nicht nur auf die brasilianische Sonne, sondern auch auf die brasilianische Fußballleidenschaft – und die ist bekanntlich eine eigene Währung. Zwischen Medien-Events, Auftritten von Vereinsführung und Coach und Testspielen gegen Jugendteams wie die U20 von Flamengo ging es um mehr als nur ums Toreschießen. Es ging darum, sich international zu präsentieren, neue Fans zu gewinnen und den Spielern ein bisschen Samba im Blut mitzugeben.

Trotz der positiven Vibes gab es natürlich auch die kleinen Stolpersteine, die zu jeder Vorbereitung dazugehören. Verletzungen und Krankheitsausfälle mischten die Karten neu: Alejandro Grimaldo musste unter der Woche krankheitsbedingt kürzertreten, und Victor Boniface, einer der Hoffnungsträger in der Offensive, ist noch nicht bei voller Fitness. Das öffnet wiederum Türen für andere. So könnte Neuzugang Ernest Poku schneller als gedacht in die Startelf rutschen. Kaum angekommen, gleich rein ins erste Pflichtspiel – das ist wie wenn du in einer WG am ersten Abend gebeten wirst, den Abwasch zu machen: ein Härtetest, aber auch eine Gelegenheit, Eindruck zu hinterlassen.

Auch in Sachen Transfers ist noch Bewegung drin. Amine Adli könnte heute Abend seinen letzten Auftritt im Bayer-Dress haben, bevor es möglicherweise weiter nach England zu Bournemouth geht. Ein Abschied, der zwiespältig ist: sportlich ein Verlust, finanziell vermutlich ein Gewinn. Solche Geschichten gehören zum Fußball dazu, und manchmal bringt ein Abgang auch neue Chancen für andere Spieler.

Der heutige Gegner, SG Sonnenhof Großaspach, ist in der Fußballlandschaft kein ganz Unbekannter mehr. Der selbsternannte „Dorfklub“ hat in der letzten Saison die Oberliga Baden-Württemberg mit beeindruckenden 31 Siegen aus 34 Spielen dominiert, dazu den WFV-Pokal gewonnen und sich den Aufstieg in die Regionalliga gesichert. Das klingt nicht nach Laufkundschaft, sondern nach einem Gegner, der seine Heimspiele durchaus mit breiter Brust angeht. Großaspach hat sich auf diesen Abend akribisch vorbereitet – von der Organisation der Shuttle-Busse ab Backnang bis zur Pre-Match-Party mit DJ Kaba. Die größte Stadionchoreografie der Vereinsgeschichte ist geplant, und der Fanshop ist mit Pokal-Shirts gefüllt. Das ist nicht nur Fußball, das ist Volksfest mit Ball.

Natürlich weiß jeder, wie die Rollen verteilt sind: Bayer 04 kommt als haushoher Favorit, Großaspach als mutiger Außenseiter. Aber Pokalspiele haben ihre eigenen Gesetze – und genau darin liegt der Reiz. Für den Gegner ist es das Spiel des Jahres, für Leverkusen der Start in eine Saison, die wieder hoch hinausgehen soll. Für die einen ist es die Bühne, um sich zu beweisen, für die anderen ein Pflichttermin, der alles sein kann – von einer lockeren Generalprobe bis zu einer schmerzhaften Erinnerung daran, dass im Fußball nichts garantiert ist.

Die Stimmung in der Leverkusener Mannschaft scheint trotz aller kleinen Unwägbarkeiten gut zu sein. Ten Hag hat in den letzten Wochen viel ausprobiert, Formationen getestet und den Spielern klare Vorstellungen vermittelt. Auch wenn noch nicht alles perfekt läuft, ist die Handschrift des Trainers bereits zu erkennen: mehr Struktur im Spielaufbau, konsequentes Pressing und das Ziel, den Ball nicht nur zu haben, sondern damit etwas zu machen. Die Fans dürfen sich auf eine Mischung aus disziplinierter Organisation und mutigem Offensivfußball freuen – sofern die Umsetzung heute Abend klappt.

Das Umfeld in Aspach ist bereit, die Spieler sind fokussiert, und der Rahmen könnte kaum besser sein. Ein Abendspiel im Pokal, Flutlicht, volle Ränge – das ist der Stoff, aus dem die Fußballromantik gestrickt ist. Gleichzeitig ist es der Moment, in dem ein neuer Zyklus beginnt: das erste Pflichtspiel unter einem neuen Trainer, mit frischen Ideen und einem Team, das noch nicht in Stein gemeißelt ist. Jeder Einsatz, jeder Lauf, jede gelungene Kombination heute wird nicht nur über das Weiterkommen im Pokal entscheiden, sondern auch ein Signal für die kommenden Wochen senden.

Es gibt viele Gründe, optimistisch zu sein. Die Mannschaft hat Qualität, die Mischung aus erfahrenen Kräften und jungen Talenten ist stimmig, und auch wenn noch nicht alle Neuzugänge voll integriert sind, bietet das Chancen für Überraschungen. Ein erfolgreicher Pokalabend kann Selbstvertrauen geben, die Stimmung heben und den Weg für einen guten Saisonstart in der Bundesliga ebnen.

Natürlich wird Großaspach alles daransetzen, diesen Plan zu durchkreuzen. Mit dem Schwung aus einer überragenden Saison im Rücken, einer heimischen Kulisse und der Aussicht, gegen einen Champions-League-Teilnehmer zu bestehen, werden sie kämpferisch auftreten. Aber genau in solchen Spielen zeigt sich der Unterschied zwischen einem ambitionierten Regionalligisten und einem etablierten Bundesligisten. Leverkusen muss die eigene Klasse von der ersten Minute an auf den Platz bringen – nicht überheblich, sondern entschlossen.

Für die Fans ist der Abend eine Mischung aus Pflichttermin und Fest. Wer nach Aspach fährt, wird nicht nur das Spiel sehen, sondern auch das Drumherum genießen – und vielleicht im Hinterkopf behalten, dass solche Reisen oft die Geschichten schreiben, an die man sich Jahre später noch erinnert. Ob es ein souveränes 4:0 oder ein nervenaufreibendes 2:1 wird, ist am Ende zweitrangig – wichtig ist, dass das Team gemeinsam mit den Fans den ersten Schritt in eine hoffentlich erfolgreiche Saison macht.

Egal wie das Spiel läuft, die Saison hat bereits eine besondere Dynamik. Mit einem Trainer, der klare Vorstellungen hat, einem Kader, der flexibel besetzt ist, und einer Vereinsführung, die sich international positioniert, stehen die Zeichen auf Fortschritt. Der heutige Abend ist der erste Prüfstein – und gleichzeitig der Auftakt für viele Geschichten, die noch geschrieben werden wollen. Vielleicht nicht mit einem Zauberstab, aber mit harter Arbeit, Teamgeist und der Bereitschaft, sich auch mal schmutzig zu machen, wenn es nötig ist.

Und so rollen wir also heute in Großaspach an. Die einen sagen: Pflichtaufgabe. Die anderen sagen: Pokalabenteuer. Für uns ist es beides – und vielleicht noch ein bisschen mehr. Denn in jedem Anfang steckt die Chance, etwas Großes zu starten. Heute Abend geht es los.

Dienstag, 20. Mai 2025

Der Niemals Meister Saisonrückblick 2024/25: Xabi geht, der Rekord bleibt – und die Salatschüssel leider auch

Es beginnt im Spätsommer 2024 mit diesem mulmigen Gefühl, das jeder Bayer-Fan kennt: optimistische Vorfreude, gut vermischt mit der vorsorglichen Angst vor dem nächsten Drama. Nach über einem Jahr ohne Bundesliga-Niederlage – 462 Tage lang ungeschlagen, man stelle sich das mal vor! – glaubten wir insgeheim schon, wir wären unkaputtbar. Typisch Bayer aber, dass genau in dem Moment, wo wir uns daran gewöhnen wollten, die nächste Ohrfeige bereitsteht. Anfang September kam RB Leipzig vorbei und beendete unsere schöne Serie in einem Spiel, das Theater und Tragödie zugleich war. 2:1 führten wir zur Halbzeit, die BayArena kochte, alles roch nach dem nächsten Triumph – bis Kevin Kampl kurz vor der Pause den Spielverderber gab. Was folgte, war ein Leipziger Sturmlauf und ein 2:3-Endstand aus unserer Sicht. So schnell kann’s gehen: Eben noch himmelhoch jauchzend, dann zu Tode betrübt. Wir Fans nahmen einen großen Schluck aus dem Becher Galgenhumor und grinsten uns an mit einem zerknirschten „Tja, typisch Bayer…“. Die erste Länderspielpause kam da gerade recht – Wunden lecken und Nerven sortieren war angesagt.

Doch an Aufgeben war nicht zu denken. Unsere Werkself startete nach diesem Dämpfer umso entschlossener durch, als hätte Xabi Alonso persönlich eine Trotzreaktion verordnet. In der Liga pflügten wir durch den Herbst wie eine gut geölte Maschine. Sieg reihte sich an Sieg, und wenn es doch mal holprig wurde, fanden die Jungs immer einen Weg. Elf Bundesligasiege am Stück standen irgendwann zu Buche – man zwickte sich gelegentlich in den Arm, ob das wirklich unser Bayer 04 da unten ist. Patrik Schick ballerte endlich wieder Tore am Fließband, sodass man fast vergessen konnte, wie verletzungsanfällig er zwischendurch war. Florian Wirtz verzauberte Woche für Woche mit Dribblings, die aussahen wie Kunstwerke in Bewegung. Jeremie Frimpong rannte die Außenbahn rauf und runter wie ein Duracell-Hase auf Espresso, und Neuzugänge wie der clevere Aleix Garcia fügten sich nahtlos ins Ensemble ein. Zuhause in der BayArena war Bayer kaum zu stoppen – und auswärts? Auswärts wurden wir langsam zur Legende. Jeder fremde Platz fühlte sich an wie unser eigenes Wohnzimmer. „Auswärts ist das neue Zuhause“, witzelten wir Fans, während die Werkself einen Auswärtsrekord nach dem nächsten aufstellte.

Natürlich lief nicht alles glatt, und so mancher Sieg war knapper als uns lieb war. Spiele wie im Dezember, als wir mit Ach und Krach einen Zittersieg einfuhren, ließen uns altern wie schlecht gelagerter Camembert. Und im November gab’s diesen Tag, an dem die Jungs uns zeigten, dass ein Vorsprung noch lange kein Sieg ist – leichtfertig wurden Punkte liegen gelassen, sehr zu unserem Leidwesen. Aber all das änderte nichts daran, dass Bayer 04 zur Winterpause voll im Soll lag. Platz 2 in der Tabelle, dicht hinter den Bayern, und die Stimmung in Leverkusen schwankte irgendwo zwischen vorsichtigem Träumen und der leisen Frage: „Könnten wir diesmal wieder …?

Im neuen Jahr nahm das Drama dann richtig Fahrt auf. Gleich Ende Januar stand der schwere Gang nach Leipzig an – und was soll ich sagen, es wurde wieder ein Bayer-Moment für die Geschichtsbücher. Im Fanbus nach Sachsen scherzten wir noch, warum wir uns das eigentlich antun. Die Antwort kam prompt auf dem Rasen: Weil wir die Mannschaft lieben, auch wenn sie uns in den Wahnsinn treibt. In Leipzig legten unsere Jungs los wie die Feuerwehr. Florian Wirtz zauberte durch die gegnerische Abwehr, Patrik Schick traf zur Führung, und Aleix Garcia erhöhte sogar auf 2:0 – wir rieben uns die Augen. Vielleicht, ja vielleicht schaffen wir es ja wirklich dieses Jahr? Doch wie wir Bayer-Fans wissen: Wer sich zu früh freut, ist meistens selbst schuld. Noch vor der Halbzeit verkürzte Leipzig durch einen abgefälschten Freistoß auf 2:1. Das Stadion wurde lauter, unsere Nerven flatterten, aber ich flüsterte mir zur Pause zu: „Das schaffen wir schon.“ Fehler Nummer eins.

Was dann kam, fühlte sich an wie ein schleichender Horrorfilm. Leipzig rannte unermüdlich an, aber unser finnischer Fels Lukas Hradecky hielt zunächst alles. Wirtz, unser kleiner Magier, traf an diesem Tag leider nur die Pfosten – als würde er einen Privatwettbewerb im Alu-Treffen veranstalten. Die Uhr tickte, Leipzig warf alles nach vorn, und wir verteidigten mit Mann und Maus. Doch in der 85. Minute passierte es: Freistoß Leipzig, Flanke in die Mitte – und Edmond Tapsoba erwischte den Ball mit dem Kopf. Dummerweise in unserem Strafraum, in Richtung unseres Tores. In einer Szene zum Haare raufen wuchtet er das Leder ins eigene Netz. Eigentore sind wie Liebeskummer: Du weißt, dass sie passieren können, ändern kannst du nichts, und weh tut’s trotzdem höllisch. 2:2 – statt eines Auswärtssieges gab’s nur einen Punkt. Ich stand im Gästeblock wie vom Donner gerührt, und während die Leipziger jubelten, realisierten wir: Die Bayern ziehen wieder einmal auf und davon. Sechs Punkte Rückstand jetzt – der Titelkampf, von dem wir heimlich geträumt hatten, rückte abrupt in weite Ferne. Es war, als hätte uns das Schicksal hämisch zugeflüstert: „Träumt nicht zu viel, ihr Leverkusener.“

Doch lange Zeit zum Hadern gab es nicht, denn auf mehreren Bühnen warteten große Auftritte. In der Champions League hatten wir uns in der neuen Ligaphase souverän unter die besten 16 Europas gespielt – Bayer 04 in der K.o.-Runde der Königsklasse, das klang nach ganz großen Nächten. Und dann meinte es die Los-Fee wie immer besonders gut mit uns: Achtelfinale gegen den FC Bayern München. Natürlich. Wer sonst? Wir Fans nahmen es mit einer Prise Ironie: Ausgerechnet der Rekordmeister, als müsste uns die Fußball-Götter noch extra prüfen. Das Hinspiel in München verlief schon unglücklich, sodass wir mit einem Rückstand ins entscheidende Rückspiel gingen. Aber oh, die Hoffnungen waren da: Eine magische Nacht in der ausverkauften BayArena – genau das hatten wir uns ausgemalt. Die Luft vibrierte, das Stadion ein Tollhaus, und die Mannschaft begann wie entfesselt. Bayer presste hoch, drängte Bayern hinten rein. Schick hatte Chancen, Frimpong wirbelte überall herum, und Granit Xhaka verteilte im Mittelfeld die Tacklings wie ein Türsteher an Karneval. Eine knappe halbe Stunde lang rochen wir an der Sensation – man merkte den Münchnern an, dass sie wackeln. Vielleicht, ganz vielleicht war da was drin?
Dann kam dieser Moment. Eine Unachtsamkeit bei einem Standard – Freistoß Bayern. Und wer steht natürlich goldrichtig? Harry Kane, dieser Tor-Magnet mit dem eingebauten Riecher für wichtige Buden. Zack – Kopfball, 0:1. In Kombination mit dem Hinspielergebnis fühlte sich das an wie eine eiskalte Dusche nach einer durchzechten Nacht: bitter, aber irgendwie auch vorhersehbar. Mit diesem Tor verabschiedete sich der letzte Funken unseres Traums vom Halbfinale. Die Werkself warf zwar noch einmal alles nach vorne, jeder Ball wurde nach vorn gepumpt – aber als Alphonso Davies uns auch noch das 0:2 einschenkte, war der Drops gelutscht. Aus der Traum. Keine magische Nacht, kein Wunder von Leverkusen. Stattdessen die ernüchternde Erkenntnis, dass uns bis zur europäischen Spitze doch noch ein Stück fehlt. Es tat weh. Weil wir diese Saison so oft bewiesen hatten, dass wir jeden schlagen können. Weil wir es so sehr wollten. Und weil wir uns alle insgeheim mehr erträumt hatten als das nächste Achtelfinal-Aus. Aber: Wir sind Bayer 04. Wir stehen immer wieder auf, egal wie oft es uns hinlegt. Die Champions League war vorbei, doch die Saison noch lange nicht!

Kaum hatten wir den europäischen K.o. verdaut, wartete der DFB-Pokal – unser verbleibender Pfad zu Ruhm und Silber. Als Pokalverteidiger (jawohl, endlich hatten wir ja mal einen Titel geholt im Vorjahr!) marschierten wir durch die Runden, und im Viertelfinale kam es zum Derbykracher gegen den 1. FC Köln. Ach, dieser Abend… Spiele gegen Köln sind ohnehin nichts für schwache Nerven, aber dieses Viertelfinale hat uns locker zehn Jahre altern lassen. Die Atmosphäre? Elektrisch. Das Spiel? Eine Berg-und-Talbahn der Gefühle. Bayer dominierte zunächst, vergab Chancen, und natürlich ging Köln dann plötzlich in Führung – ein klassischer Pokalstreicher, wie er im Buche steht. Damion Downs traf für die Domstädter und im Gästeblock der Kölner war Party angesagt. Wir Leverkusener Fans hingegen spürten schon das vertraute Flattern in der Magengegend: sollte unser Pokaltraum ausgerechnet gegen den Erzrivalen enden? Doch unsere Werkself antwortete mit Herz und Wut. Es ging hin und her, wir glichen aus, gingen in Führung – nur um dann doch wieder den Ausgleich zu kassieren. 2:2 nach 90 Minuten, Verlängerung, Puls bei 180. In der 98. Minute dann die Explosion: Tor für Bayer! 3:2! Köln warf noch einmal alles rein, erzielte sogar ein Tor – doch der VAR hatte kein Erbarmen mit ihnen: Abseits! Als der Schlusspfiff ertönte, lagen wir uns in den Armen, völlig erledigt und überglücklich. Sieg! Halbfinale! Was für eine Nacht am Rhein! Die Titelverteidigung lebte und obendrein hatten wir Köln mal wieder gezeigt, wo der Barthel den Most holt. In diesem Moment dachten wir wirklich: Pokal? Bayer kann das – vielleicht holen wir uns das Ding wieder!

Tja… vielleicht. Oder auch nicht. Denn vier Wochen später folgte der Tiefschlag der Saison, der uns noch lange in den Albträumen verfolgen wird: Pokal-Halbfinale auf der Bielefelder Alm. Drittligist gegen Bundesliga-Spitzenreiter – eigentlich eine klare Sache auf dem Papier. Aber im Pokal gelten andere Gesetze, schon klar. Trotzdem: Was an diesem Dienstagabend Anfang April passierte, fühlte sich an wie eine besonders fiese Folge von „Verstehen Sie Spaß?“ für Bayer-Fans. Wer live dabei war, hätte am liebsten nach 30 Minuten das Handy ausgeschaltet, das Trikot gleich bei 90 ° in die Waschmaschine geworfen und so getan, als wäre dieses Spiel nie passiert. Aber so funktioniert das Fanleben eben nicht – schon gar nicht in Leverkusen.

Dabei fing alles nach Plan an, als hätte jemand ein Drehbuch für einen souveränen Favoritensieg geschrieben: Jonathan Tah köpft nach einer Ecke das 1:0 für uns, und im Gästeblock herrscht bester Feierabendbier-Modus. Führung, alles supi – bis hierhin konnte man noch entspannt an der Stadionwurst knabbern. Doch, Hand aufs Herz, das war auch der letzte Moment, in dem Bayer wirklich Kontrolle über das Spiel hatte. Was danach kam, war kollektives Kopfschütteln. Bielefeld – dieser Drittligist! – presste aggressiv, unsere Mannschaft wirkte plötzlich ratlos, und Xabi Alonsos Matchplan schien auf dem holprigen Rasen der altehrwürdigen Alm nicht zu funktionieren. Lange Bälle segelten im hohen Bogen über das Mittelfeld, als glaubte man, wir spielten in einem Monsunregen oder wären ins Jahr 2005 zurückgebeamt worden. Aber auf diesem Acker kam jeder hohe Ball runter wie ein nasser Sack – so unwirksam wie ein veganer Grillabend in einer Metzgerei. Kombinationsspiel? Fehlanzeige. Tempo? Nur beim Gegner. Statt Plan B gab’s nur vergebliche Gewaltaktionen. Während wir also versuchten, irgendwie mit der Brechstange zum Erfolg zu kommen, machte Bielefeld exakt das, was wir eigentlich tun wollten: Fußball spielen. Die Arminen kombinierten, kämpften – und trafen. Zweimal klingelte es bei uns, und so paradox es klingt: Jeder Bielefelder Treffer fühlte sich fast schon unvermeidbar an. Unsere Defensive war auf einmal löchrig wie ein Emmentaler Käse, und vorn fanden wir keine Antwort. Ehe wir uns versahen, lagen wir zur Halbzeit 1:2 hinten – Tahs Führungstor längst nur noch Randnotiz, Bielefelds Fans auf den Rängen träumten vom Finale in Berlin, und wir standen da wie begossene Pudel.

In der zweiten Hälfte warteten wir dann verzweifelt auf eine Schlussoffensive unserer Werkself – aber da kam nichts außer planlosen Flanken und dem hilflosen Versuch, mit Tah als Not-Stürmer irgendwie den lieben Fußballgott umzustimmen. Klar, einmal klatschte noch ein Ball an den Pfosten, einmal zwang Amine Adli den Bielefelder Keeper zu einer Glanzparade. Doch die Wahrheit war: Wenn du in einem Pokal-Halbfinale gegen einen Drittligisten 45 Minuten lang keine echte Idee hast, brauchst du dich über das Ergebnis nicht wundern. 1:2 – Aus, vorbei, Nirgendwo statt Berlin. Nach Abpfiff standen die Spieler wie versteinert vor uns im Gästeblock. Granit Xhaka diskutierte frustriert mit den Fans, die Köpfe hingen, Augen starr ins Leere. Das war mehr als nur eine Niederlage – das fühlte sich an wie ein tiefer Stich ins Herz unserer Saison. Ein mentaler Knockout, der Narben hinterlassen würde.

Für uns hartgesottene Anhänger hieß es mal wieder: zusammensacken, einmal tief durchatmen und dann irgendwie weitermachen. Niemals aufgeben, auch wenn’s weh tut. Die Mannschaft schwor, jetzt erst recht in der Liga Gas zu geben – irgendwas noch aus dieser Saison rauszuholen, damit am Ende nicht nur Enttäuschung bleibt. Berlin war gestrichen, der Pokal futsch, also konzentrierten wir uns auf die Bundesliga.

Und tatsächlich zeigte die Werkself eine Reaktion. Im Liga-Endspurt war nun Charakter gefragt. Die Wochen nach dem Pokal-Aus waren allerdings zunächst ein Auf und Ab der Gefühle. Ein paar Spiele lang wirkten die Jungs verständlicherweise gezeichnet: Unentschieden reihten sich an Unentschieden, als steckten wir in einer Zeitschleife fest. Insbesondere ein trostloses 0:0 zu Hause gegen Union Berlin fühlte sich an wie „Und täglich grüßt das Murmeltier“ – wieder kein Sieg, wieder nur Frust. Auch zuvor gegen Bremen gab’s schon eine enttäuschende 0:2-Pleite – ein richtig gebrauchter Tag, an dem einfach gar nichts funktionieren wollte. Aber anstatt komplett den Kopf in den Sand zu stecken, rappelten sie sich noch einmal auf. Xabi Alonso erinnerte das Team daran, was es auszeichnet: Ruhe bewahren, an sich glauben, weitermachen.

Ende April, als schon alle dachten, die Luft sei raus, legte Bayer 04 nochmal einen Schalter um. Gegen Augsburg erlebten wir einen dieser Tage, an denen einfach alles passte: Sonnenschein, kaltes Bier im Stadionbecher und eine Werkself, die sich den ganzen Frust der letzten Wochen von der Seele schoss. 2:0 gewannen wir, locker-flockig und souverän, als hätte es nie einen Einbruch gegeben. Schick netzte früh, Buendía zauberte ein Traumtor in den Winkel – Popcorn-Kino vom Feinsten. Während wir ausgelassen feierten, wussten wir: Dieser Sieg war mehr als nur drei Punkte, er war eine Ansage. Die Bayern-Meisterfeier verschoben! Jawohl, durch diesen Dreier konnten die Münchner noch nicht vorzeitig den Titel klarmachen. Es fühlte sich an wie ein kleiner Sieg über den großen Rivalen, auch wenn der die Schale quasi schon mit einem Finger anfasste. „Auftrag erfüllt – Partycrasher vom Rhein“, lachten wir auf dem Heimweg. Die Jungs hatten bewiesen, dass sie Charakter haben. Und wir Fans dachten uns insgeheim: Vielleicht erlebt diese Saison ja doch noch ihr perfektes Happy End? Ein Fünkchen Resthoffnung glomm wieder auf – man wird ja wohl noch träumen dürfen.

Das drittletzte Saisonspiel in Freiburg allerdings setzte unseren Meisterträumen endgültig den Garaus – aber natürlich nicht, ohne uns vorher nochmal durch alle Emotionen zu jagen. Es war Jonathans Tahs 400. Spiel für Bayer 04, und was machte unser Kapitän? Er schrieb sein eigenes Drehbuch. Zunächst war die Partie ein zähes Ringen. Freiburg mauerte, wir spielten handzahmen Ballbesitzfußball ohne Durchschlagskraft. Im strömenden Regen passierte wenig – bis ein Fernschuss von Freiburgs Eggestein aus gefühlten 100 Metern plötzlich einschlug und unsere junge Leihgabe Matej Kovar im Tor dabei eher unglücklich aussah. 0:1 hinten. Und dann – weil Unglück selten allein kommt – fälschte Piero Hincapié kurz darauf einen Ball ins eigene Netz ab. Ein Slapstick-Eigentor der Extraklasse, bei dem allen Bayer-Fans kurz das Herz stehenblieb. 0:2! Ausgerechnet gegen Freiburg! Während die Breisgauer Anhänger von einer Sensation träumten, wussten wir: Ein Punktverlust hier bedeutet die Meisterschale für Bayern. Man konnte praktisch spüren, wie in München der Champagner entkorkt wurde. Trotzdem – oder gerade deswegen – kam noch einmal diese „jetzt erst recht“-Mentalität durch. Florian Wirtz nahm sich ein Herz und zauberte uns mit einem Solo zurück ins Spiel. Ein Dribbling durch die Freiburger Abwehr, Schuss an den Innenpfosten, Tor! 1:2 nur noch, zwanzig Minuten vor Schluss. Plötzlich war sie wieder da, diese kleine verrückte Hoffnung. Die Bayer-Hoffnung, die dich nie ganz verlässt, auch wenn der Verstand längst die Segel streicht.


Und tatsächlich, in der Nachspielzeit folgte die Krönung: Eine letzte Ecke für uns, der Ball segelt herein – und wer steigt am höchsten? Jonathan Tah. Mit seiner schmerzenden Abschiedsschulter (so stellte ich es mir zumindest vor) wuchtet er den Ball über die Linie! 2:2! Ausgleich! Wir auf den Rängen sind komplett aus dem Häuschen, jubeln wie die Weltmeister, als hätten wir soeben doch noch den Titel gewonnen. Tah hatte sich mit diesem Kopfball in unsere Herzen geköpft, im wahrsten Sinne. Klar, objektiv gesehen war es „nur“ ein Unentschieden. Ja, damit war die Meisterschaft endgültig futsch – die Bayern waren nun uneinholbar vorne und durften die hässliche Salatschüssel behalten. Aber was soll’s? In diesem Moment zählte für uns nur eins: 33 Auswärtsspiele in Folge ungeschlagen! Mit dem Punkt in Freiburg hatte Bayer Leverkusen den jahrzehntealten Auswärtsrekord der Bayern eingestellt. Zwei komplette Bundesliga-Spielzeiten ohne Auswärtsniederlage – das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Wenn schon keine Schale, dann wenigstens ein Eintrag in die Geschichtsbücher. „Ein Rekord für die Ewigkeit“, murmelte einer neben mir und klang dabei fast versöhnt. Wir nahmen es mit einem Schulterzucken: Dass wir mit diesem Punkt den Bayern offiziell den Titel überlassen haben? Geschenkt. Meister werden die sowieso immer – aber so einen Rekord, den haben wir! Einfach nur Wahnsinn. Einfach nur Bayer.
Damit ging es in den vorletzten Spieltag – ein Heimspiel gegen Borussia Dortmund, das jedoch weniger sportlichen Wert hatte als vielmehr emotionalen. Platz 2 war uns sicher, die Meisterschaft entschieden, Dortmund kämpfte noch um die Champions League-Platzierung, aber für uns Leverkusener drehte sich alles um den Abschied von zwei ganz großen Bayer-Legenden. Xabi Alonso und Jonathan Tah betraten zum letzten Mal im Bayer-Trikot die heimische Bühne. Das Spiel selbst? Nun ja, es geriet zur Randnotiz. Ja, wir verloren 2:4 gegen den BVB. Ja, vielleicht hätten wir gewinnen können, sogar müssen – einige Chancen waren da. Aber wen interessierte das an diesem Sonntag wirklich? Schon vor Anpfiff lag ein Hauch Melancholie über dem Stadion, mischte sich mit dem Duft von Bratwurst und Bier. Auf den Rängen wurden Banner hochgehalten: „Gracias, Xabi!“ stand da und „Danke, Jona!“. Als die beiden vor dem Anpfiff geehrt wurden, hatten selbst gestandene Südkurven-Ultras feuchte Augen. Wir wussten alle: Hier gehen zwei, die unser Bayer-Herz geprägt haben.

Xabi Alonso – der Maestro an der Seitenlinie, der gekommen war, als wir irgendwo zwischen „naja“ und „schon wieder Trainerwechsel?“ feststeckten, und der aus unserer grauen Suppe ein Sterne-Menü gezaubert hat. In kurzer Zeit formte er die Werkself zu einer der stilvollsten und erfolgreichsten Mannschaften Europas. Mit kühlem Kopf, klarer Philosophie und dieser unnachahmlichen Mischung aus spanischer Eleganz und deutscher Gründlichkeit brachte er uns zurück in die Spitze. Dass er uns nicht zur Meisterschale führen konnte, geschenkt – er hat uns etwas viel Wertvolleres hinterlassen: Hoffnung. Hoffnung und Stolz darauf, Bayer-Fan zu sein. Unter Xabi haben wir Fußball gesehen, der uns träumen ließ, und endlich das Gefühl bekommen, wir könnten wirklich mal was Großes reißen. Kein Wunder, dass an diesem Tag hunderte Schals mit seinem Namen hochgehalten wurden, als er zum letzten Mal in die Kurve winkte. Xabi kletterte sogar auf den Zaun, klopfte sich aufs Herz und verabschiedete sich mit glänzenden Augen von den Fans. In dem Moment hatten wir alle Gänsehaut. Da war mehr als nur ein Trainer, der ging – es fühlte sich an, als verabschiede sich ein Freund.

Und Jonathan Tah – unser „Capitano“ in dem Spiel, der Fels in der Brandung, zehn Jahre im Verein, durch alle Höhen und Tiefen gegangen. Dieser Mann hat verkörpert, was es heißt, ein echter Werkselfer zu sein: loyal, bodenständig, immer da, wenn’s brennt. Ein würdiger Abschied für eine Bayer-Ikone.
Letzter Spieltag in Mainz. Die Bayern sind Meister, Leverkusen Vizemeister. Aber Bayer 04 wäre nicht Bayer 04, wenn es nicht nochmal Drama gäbe. Drei Mainzer Tore annulliert. Zwei Elfmeter. Ein wackliger Punkt. 2:2. Und dann: 34 Auswärtsspiele in Folge ungeschlagen. Ein Rekord für die Ewigkeit.
Und so endet die Saison 2024/25 für Bayer 04 Leverkusen mit einem zweiten Platz in der Bundesliga, jeder Menge denkwürdiger Geschichten und diesem typisch ironischen Leverkusener Fazit: Alles gehabt – außer Meisterschale. Wieder mal kein Titel in der Liga. Aber seien wir ehrlich: Wer braucht schon jedes Jahr diese hässliche Salatschüssel, wenn man dafür Rekorde, legendäre Spiele und magische Momente am laufenden Band bekommen hat? Wir haben in dieser Spielzeit gelacht, geweint, gezittert und gejubelt. Wir haben Pokalnächte durchlitten und Champions-League-Träume geträumt. Wir sind aus allen Wolken gefallen und gleich danach wieder aufgestanden. Und am Ende steht da nicht nur ein guter Tabellenplatz und ein Auswärtsrekord für die Ewigkeit, sondern vor allem eines: das unerschütterliche Gefühl, dass es trotz allem verdammt Spaß macht, Bayer-Fan zu sein. Alonso geht, Tah geht – aber die Liebe zu diesem verrückten Verein bleibt. Wir haben wieder Hoffnung geschöpft, und das ist in Leverkusen bekanntlich selten genug.

Was bleibt von dieser Saison? Kein Titel. Aber Stolz. Freude. Hoffnung. Eine Mannschaft, die gewachsen ist. Ein Verein, der sich in die Herzen der Fans gespielt hat. Ein Trainer, der Stil hatte. Ein Abschied, der weh tat. Und ein Rekord, der für immer bleibt.

Sonntag, 18. Mai 2025

Der niemalsmeister (war gestern) Saisonrückblick: Prognose versus Endstand

Als ich am Mittwoch, dem 21. August 2024, meine Saisonprognose für die Bundesliga 2024/25 veröffentlichte, war ich voller Zuversicht und optimistischer Erwartungen: RB Leipzig sollte die Liga anführen, gefolgt von Bayern München und Bayer 04 Leverkusen. Fünf Monate später, nach 34 Spieltagen und zahlreichen überraschenden Wendungen, fällt das Résumé ein Stück weit ernüchternd, aber umso spannender aus.

Bereits an der Spitze zeigte sich, dass kraftvolle Vorjahresleistungen nicht zwangsläufig in eine Titelfeier münden. RB Leipzig, mein vermeintlicher Meisterkandidat, stolperte früh über Formkrisen und Verletzungssorgen, sodass am Saisonende nur Platz 7 zu Buche stand. In Kontrast dazu bewahrten die Bayern ihre unerschütterliche Konstanz: Mein Tipp auf Rang 2 erwies sich als zu zögerlich – sie sicherten sich souverän die Schale und ließen die Konkurrenz hinter sich. Bayer Leverkusen spielte eine ähnlich starke Saison, übertraf meine Erwartungen um eine Position und landete auf Platz 2. Diese beiden Klubs dominierten das Tableau und verwiesen Eintracht Frankfurt, das ich lediglich im oberen Mittelfeld vermutete, auf Rang 3, nachdem die SGE mit beeindruckender Kontinuität und taktischer Cleverness das Feld aufrollte.

Im Verfolgerfeld behielt Borussia Dortmund weitgehend die Spur: Ich hatte sie auf Rang 4 taxiert, und sie lieferten exakt diese Platzierung ab. Ebenfalls punktgenau traf meine Prognose für Borussia Mönchengladbach (10) und den VfL Wolfsburg (9 → 11) – wenn auch bei Letzterem mit nur geringfügigen Abweichungen. Überraschend positiv agierten SC Freiburg und Mainz 05: Freiburg beendete die Saison auf Platz 5 (statt prognostiziert 7), Mainz gar auf Platz 6 (statt 11), womit beide Klubs ihre Ambitionen auf internationale Plätze untermauerten.

Enttäuschend verlief die Spielzeit hingegen für Teams, die ich weiter oben erwartet hatte. Der VfB Stuttgart, den ich auf Rang 5 sah, fiel auf Rang 9 zurück und offenbarte Schwächen in der Defensive; die TSG Hoffenheim stürzte gar auf Platz 15 ab – statt wie geplant im Mittelfeld zu landen. Union Berlin und der FC Augsburg zeigten solide Leistungen, beendeten die Saison aber jeweils knapp oberhalb der Abstiegszone (13 und 12), und übertrafen damit meine Vorhersagen nur marginal.

Am Tabellenende offenbarten sich die größten Diskrepanzen. Der VfL Bochum, den ich auf Platz 15 erwartet hatte, verschwand gänzlich im Tabellenkeller und musste den Gang in die 2. Bundesliga antreten (Platz 18). Heidenheim rettete sich auf Platz 16, Kiel landete bei Platz 17. Der Absturz der Nordlichter war damit nur geringfügig weniger hart als von mir prophezeit.

Insgesamt zeigt der Blick zurück, dass Prognosen, selbst von erfahrenen Fußballkennern, der Dynamik einer Bundesliga-Saison oft nicht gerecht werden. Verletzungen, Formhoch und -tiefs sowie überraschende Trainerwechsel können das Kräfteverhältnis auf den Kopf stellen. Mein Saisonrückblick 2024/25 ist daher weniger ein Scheitern als eine Erinnerung daran, wie aufregend und unberechenbar der deutsche Fußball ist – und dass gerade diese Unvorhersehbarkeit die Faszination der Bundesliga ausmacht.

Samstag, 17. Mai 2025

Unentschieden, Unendlichkeit und ein letzter VAR-Wahnsinn – Bayer 04 sagt Servus mit Rekord

Wenn man auswärts 34 (!) Bundesliga-Spiele am Stück nicht verliert, dann ist das entweder ein Zeichen göttlicher Fügung oder man trägt das Bayer-Kreuz auf der Brust. Unsere Werkself hat in Mainz nicht nur den nächsten Videobeweis-Krimi überstanden, sondern nebenbei auch noch einen Rekord in die Geschichtsbücher getackert – ungeschlagen in fremden Stadien seit zwei verdammten Jahren. Und nein, das ist kein Tippfehler. 34 Mal auswärts gespielt, 34 Mal nicht verloren. Selbst die Bayern reiben sich verwundert die Augen – wahrscheinlich mit einem Handtuch aus Tränen der verpassten Alleinherrschaft.

Das Spiel in Mainz? Nennen wir es ein würdiges Saisonfinale mit allem, was dazugehört: Chaos, Dramatik, Nostalgie, und ein bisschen Wehmut. Eine Partie, bei der sich der VAR dachte: „Heute bin ich mal Hauptdarsteller.“ Gleich drei Mainzer Tore wurden in der ersten Halbzeit einkassiert – vermutlich gibt's dafür bald einen Sammelsticker-Album-Sonderdruck: „Abgepfiffene Tore 2025 – Edition Mainz“. Irgendwann hatten wir das Gefühl, der Schiri pfeift nicht nach Regelwerk, sondern nach einer Bingo-Karte mit „Abseits“, „Handspiel“ und „Torwartschutz“.

Zur Wahrheit gehört auch: Die erste Halbzeit war aus Leverkusener Sicht ungefähr so spritzig wie abgestandene Fassbrause. Mainz dominierte, rannte, schoss – und fand in der ersten halben Stunde dreimal ins Tor und trotzdem stand’s weiter 0:0. Irgendwann hat dann auch Paul Nebel ein Einsehen gehabt und den Ball unter freundlicher Mithilfe von Jonathan Tahs Waden zum regulären 1:0 versenkt. Halbzeitpfiff, Durchatmen, alles wieder auf Anfang – außer für Mainz, die da eigentlich schon 3:0 führen müssten. Aber gut, wir nehmen’s mit einem kleinen Schulterzucken und einem "Typisch Bayer"-Grinsen.

Xabi Alonso – in seinem letzten Spiel als Leverkusen-Trainer – griff zur Pause in die Trickkiste und siehe da: Nach dem Seitenwechsel stand plötzlich eine völlig andere Mannschaft auf dem Platz. Es war fast so, als hätten die Jungs vergessen, dass man auch schon in der ersten Halbzeit Fußball spielen darf. Und dann kam Schick. Und nochmal Schick. Erst eiskalt vom Punkt, dann eiskalt mit dem Kopf – zweimal zappelte das Netz, zweimal tanzte der Tscheche, zweimal vergaßen wir für einen kurzen Moment, dass das eigentlich nur ein Spiel um die goldene Ananas war.

Doch in Leverkusen wäre es ja kein echtes Spiel ohne einen finalen Herzschlagtest. Mainz bekam ebenfalls einen Elfer – umstritten, klar, aber was wäre ein Bundesliga-Spiel ohne eine umstrittene VAR-Entscheidung? Burkardt trat an, traf, 2:2, und damit wieder alles offen. Dass am Ende noch ein Mainzer Treffer wegen Handspiel einkassiert wurde, passt zu diesem Spiel.

Und so geht eine Saison zu Ende, die uns alles geboten hat – außer vielleicht eine Meisterschale. Aber wer braucht schon diese hässliche Salatschüssel, wenn man sich mit Rekorden, legendären Spielen und einem Trainer verabschieden kann, der aus uns ein echtes Spitzenteam gemacht hat? Danke, Xabi – du hast uns nicht zur Meisterschaft geführt, aber zu etwas viel Wertvollerem: Hoffnung. Und das ist in Leverkusen bekanntlich selten genug.

Jetzt heißt’s erstmal: Sommerpause für die Großen, Endspiel für die Kleinen. Unsere U19 kämpft um die Deutsche Meisterschaft – in der BayArena, vor vollem Haus, gegen den 1. FC Köln. Wer da nicht hingeht, hat den Fußball nie geliebt.

Ach ja, fast vergessen: 34 Auswärtsspiele in Folge ungeschlagen. Einfach nur Wahnsinn. Einfach nur Bayer.

Sonntag, 11. Mai 2025

Taschentücher statt Tore – Leverkusen verliert zwei Herzensmenschen

Es war ein Sonntag, an dem das Ergebnis allenfalls als Randnotiz durchging. Ja, wir haben 2:4 gegen den BVB verloren. Ja, wir hätten das Spiel auch gewinnen können, vielleicht sogar müssen. Aber ehrlich: Wen interessiert das, wenn zwei echte Bayer-Legenden zum allerletzten Mal im Heimtrikot über den Rasen der BayArena laufen? Xabi Alonso und Jonathan Tah – zwei Namen, die in Leverkusen bleiben werden, auch wenn die Personen weiterziehen.

Schon vor Anpfiff lag etwas in der Luft. Und das war nicht nur der Duft von Bratwurst und Bier, sondern auch eine gewisse Melancholie. Denn während die Dortmunder noch um die Champions League kämpften, standen bei uns andere Themen im Vordergrund: Tränen, Tribünen und Trikots voller Emotionen.

Xabi Alonso – der Mann, der kam, als wir irgendwo zwischen „Naja“ und „Vielleicht doch wieder Trainerwechsel?“ hingen. Und der aus dieser grauen Suppe ein Drei-Sterne-Menü gezaubert hat. Innerhalb kürzester Zeit hat er die Werkself zu einer der stilvollsten Mannschaften Europas gemacht. Fußball, der so schön war, dass selbst neutrale Fans verstohlen „Hopp Leverkusen“ murmelten. Und jetzt geht er. Vermutlich zu Real Madrid. Und auch wenn wir’s ihm gönnen – es tut weh. Weil man sich an Xabi gewöhnt hat wie an den perfekten Espresso am Morgen: bitter, stark und verdammt gut.

Und dann Jonathan Tah. Unser Turm, unser Dauerbrenner, unser „Och, der spielt ja auch schon ewig bei uns!“. 400 Pflichtspiele – das muss man erstmal bringen. Er hätte längst schon irgendwohin wechseln können, wo man mehr Titel, mehr Geld oder mehr Sonne bekommt. Aber er blieb. Und das macht seinen Abschied umso schwerer. Nicht weil es überraschend kommt, sondern weil es endgültig ist. Einen wie Tah ersetzt du nicht einfach. Einen wie Tah musst du feiern, mit Applaus, mit Gänsehaut – und, ja, auch mit einem feuchten Auge.

Das Spiel? Ja, das gab’s auch noch. Frimpong traf, Kobel hielt wie besessen, der BVB war effizient wie ein Schweizer Uhrwerk – und wir waren eben Bayer 04 an einem dieser Tage: schön anzusehen, aber am Ende ohne Punkte. Hofmanns spätes 2:4 war nett, aber gefühlt schon Teil des Abschiedsprogramms.

Und trotzdem – oder gerade deshalb – war es ein besonderer Tag. Einer dieser Momente, in denen man spürt, dass Fußball mehr ist als Tabellenplätze und Statistiken. Dass es um Menschen geht. Um Trainer, die mit Stil und Haltung führen. Um Spieler, die nicht nur das Trikot tragen, sondern es leben. Und um Fans, die das alles zu schätzen wissen.

Der letzte Heimspieltag war kein sportlicher Höhepunkt. Aber ein emotionaler Volltreffer. Und wenn Alonso am Zaun hängt und in die Kurve winkt, wenn Tah sich die Kapitänsbinde vom Arm zieht und dabei nicht in unsere Richtung, sondern direkt ins Herz schaut – dann weißt du: Das war mehr als Fußball.

Bleibt nur zu sagen: Danke, Xabi. Danke, Jona. Es war uns eine Ehre. Und sollte es euch mal wieder nach Leverkusen verschlagen – wir haben noch Taschentücher. Und ’ne kalte Kiste im Keller.